Full text: Natur und Gott

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Die Entwicklungstheorie und der Monismus. 277 
sie sich nachdrücklich gegen Paleys Annahme einer absichtlichen und spe— 
ziellen Anordnung des organischen Werdens; eine solche Annahme würde 
die Plastizität der Organisation und ihre üppige Reproduktionskraft über— 
flüssig machen. In der Variabilität der organischen Wesen und in der 
Wirkung der natürlichen Zuchtwahl schien vielmehr Darwin nicht mehr 
Absicht vorzuliegen als im Laufe des Windes. Wohl aber erscheint es 
ihm (im Schlußwort der „Entstehung der Arten“) als „eine großartige 
Ansicht, daß der Schöpfer die Keime alles Cebens, das uns umgibt, 
nur wenigen oder nur einer einzigen Art eingehaucht habe; und daß, 
während dieser Planet den strengen Gesetzen der Schwerkraft folgend, 
sich im Kreise schwingt, aus so einfachem Anfang sich eine endlose Keihe 
immer schönerer und vollkommenerer Wesen entwickelt hat und noch 
entwickelt“. Was Darwins erstem Werke wie allen nachfolgenden ihr 
Bepräge und ihre durchschlagende Kraft gab, war überhaupt nicht eine 
einheitliche Theorie in immer tieferer und feinerer Ausarbeitung, son— 
dern die Anhäufung fleißig gesammelter Tatsachen zum Erweise eines 
einzigen Grundgedankens, der Veränderlichkeit der Arten. 
Was dagegen Darwins Theorie in Deutschland besonders empfahl, 
war eben ihr Pseudomechanismus. Das ist aus der geistigen Situation 
in Deutschland begreiflich. Hier hatte die Naturwissenschaft unter Ab— 
lehnung der Philosophie ihre bestimmt empirische Tendenz entfaltet. Zu— 
gleich hatte nach dem Niedergang der Hegelschen Philosophie im Kampfe 
mit den herrschenden konservativen Mächten in Staat und Kirche sich 
weithin eine naturalistische und selbst materialistische Denkweise, im 
Sinne nicht nur von Feuerbach und D. Fr. Strauß, sondern auch von 
Karl Vogt, Jak. Moleschott, Ludwig Büchner verbreitet. Daß es gerade 
der naturalistische, antiteleologische Zug der Darwinschen Theorie war, 
der sie empfahl, ist mit dürren Worten von du Bois-Keymond, der wie 
laum ein andrer den Tendenzen der naturwissenschaftlichen Forschung 
seiner Zeit einen weithin wirkenden Ausdruck zu geben vermochte, aus— 
gesprochen. Er ist weit entfernt davon, aus der Theorie ein Dogma zu 
machen und erkennt ihre Unzulänglichkeit sehr deutlich; sie ist ihm eine 
den Forscher „nur eben über Wasser tragende Planke“, bestenfalls „eine 
einigermaßen annehmbare Auskunft“, gleichwohl erscheint sie ihm wissen— 
chaftlich notwendig: „Wer nicht schlechthin alles Geschehen in die hand 
des epikuräischen Zufalls legt, wer der Teleologie auch nur den kleinen 
Finger reicht, langt folgerichtig bei W. Palens verrufener Natural Theo— 
logn an und um so unvermeidlicher, je klarer und schärfer er denkt, und 
je unabhängiger er urteilt. Die wenn auch nur in der Ferne gezeigte 
Möglichkeit, die scheinbare Zweckmäßigkeit aus der Natur zu verbannen
	        
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