Full text: Natur und Gott

358 Das physikalischechemische Weltbild. 
durch Abstraktion die einzelnen Komponenten der Zeit (1) und des Raumes 
(Z) herausholen; in der stetigen Abbildung jenes kontinuierlichen Weltzu⸗ 
sammenhanges auf eine vierfache Zahlenreihe besteht die mathematische 
Darstellung; in der Möglichkeit stetiger Abbildung ihre prinzipielle Vor⸗ 
aussetzung. Ihren Wert haben diese methodischen Hilfsmittel darin, daß 
sie die Möglichkeit gewähren, die Gesamtheit der Naturerscheinungen 
auf ein einziges Naturgesetz zurückzuführen, wie es einst die mechanische 
Physik anstrebte. Ob dies Ziel erreicht werden wird, steht freilich noch 
dahin; in diesem Fall müßte die Theorie alles enthalten, die Organi⸗ 
sation des Kosmos so gut wie die feinern Strukturbeschaffenheiten der 
Atome“. Es müßte das Wesen der Marerie und der Naturkräfte so voll⸗ 
ständig begriffen werden, daß sich mit vernunftgemäßer Notwendigkeit 
die Gesetze eindeutig ergeben, welche den Ablauf der Naturvorgänge 
regeln. Insbesondere müßten sich Masse und Ladung des Elektrons, so⸗ 
wie die Atomgewichte und Atomladungen der einzelnen existierenden 
Clemente berechnen lassen, während sie bisher nur als ein Gegebenes 
hingenommen werden. Denn offenbar können alle jene Tatsachen nur 
darin begründet sein, daß die Naturgesetze nur eine diskrete Anzahl von 
statischen, das erforderliche Gleichgewicht besitzenden Lösungen zulassen. 
Auch müßten die den verschiedenen möglichen Werten entsprechenden 
Korpuskeln sich gegenseitig feine Modifikationen der innern Struktur 
aufzwingen, woraus vielleicht die Unruhe in der Welt der Atome ver⸗ 
ständlich wird. Cine Bewältigung dieser Probleme ist allerdings noch 
nicht gelungen, aber die bereits erzielten Erfolge lassen die Idee eines 
Weltgesetzes keineswegs mehr als ein bloßes Phantasma erscheinen. 
Als wichtigstes Ergebnis der allgemeinen Relativitätstheorie darf 
man ansehen, daß sie Gravitation und Elektrodynamik zu einem Ganzen 
vereinigt hat. Während man früher annahm, daß die Gravitation mit 
den elektromagnetischen Erregungen nichts zu tun habe, sich ihnen ein⸗ 
fach überlagere, führte Einstein beide Arten von Erregungen auf eine 
gemeinsame Quelle zurück, Erregungen des „Kaumes“ (oder üthers), so 
daß Anderungen des „Gravitationsfeldes“ sich auch in einer Anderung 
der Lichtgeschwindigkeit (d. i. der elektromagnetischen Wellen) auswir— 
ken, elektro-magnetische Erregungen auch das Schwerefeld (wenn auch 
minimal) verstärken. Das „metrische“ oder Gravitationsfeld verhält sich 
zur Materie wie das elektrische zur Elektrizität (zum elektrischen Strom). 
Die (Hamiltonsche)s) Wirkungsgröße umfaßt somit Elektrodynamik wie 
Gravitation; man darf die Grundgleichung mit Beziehung auf beide 
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