Full text: Natur und Gott

372 Das phnysikalisch⸗chemische Weltbild. 
wegs um bloße Ausnahmeerscheinungen, wie man früher glaubte, han⸗ 
delt, ja man ist geneigt, zu vermuten, daß solche Katastrophen etwas 
durchaus Normales und Notwendiges im Entwicklungsgang eines Sternes 
bedeuten. Dann scheinen die neuen Sterne uns in schneller Folge ein 
Stück von der Entwicklungsgeschichte eines Sternes, allerdings wohl kaum 
sein erstes Stadium, vor Augen zu führen. Nernstus) hat die Annahme 
hegründet, daß das Aufflammen einer Nova ihrem Riesensternstadium 
entspricht und daß vermutlich jeder Riesenstern sechs bis zwölf derartige 
Ausbrüche erlebt, die sich auf etwa eine Billion Jahre verteilen mögen. 
Es mag sein, daß zwischen den Riesenprotuberanzen, die das Aufflam—⸗ 
men „neuer“ Sterne bedingen, und der Planetenbildung ein SZusammen— 
dang besteht. 
Auch die Entfaltung des Kometen von kaum sichtbarer Größe zu 
einer alle Augen auf sich lenkenden Erscheinung bietet einen in mancher 
hinsicht analogen Vorgang. Die Kerne der Kometen bestehen aller Wahr⸗ 
scheinlichkeit nach aus Meteoren; ihre Schweife entstehen aus Ausströ— 
mungen des Kerns zur Sonne hin, die von dieser, sei es durch eine 
elektrische Kraft oder den Lichtdruck abgestoßen, in den Raum hinaus- 
fliegen. Die Ausdehnung des Schweifs des Kometen von 1811 kam min⸗ 
destens dem Abstand Sonne —Erde gleich; in seinem Kopf hätten rund 
350 Rugeln von der Größe des Jupiter (der 1360 mal so groß ist wie die 
Erde) Platz gehabt. Dagegen ist die mechanische Dichte dieser Körper fast 
unvorstellbar gering; beim Eintritt vor oie Sonnenscheibe pflegen sie 
völlig unsichtbar zu werden; bei Bedeckungen lassen sie das Licht der 
Sterne völlig ungebrochen und ungedämpft hindurch. Indes ist doch zwei— 
felhaft, ob die Schweife auch wirklich aus echten Gasnebeln oder aus 
überaus dünn verteilten diskreten Körperchen von wolken- oder rauch— 
artiger Beschaffenheit bestehen. Schließlich darf auch auf die Analogie 
gewisser Erscheinungen unserer Sonne hingewiesen werden. Bei Sonnen⸗ 
finsternissen beobachtet man einen pechschwarzen, runden Fleck, umgeben 
von einer nebelhaft feinen, hell leuchtenden Strahlenkrone Korona), 
in der u. a. Wasserstoff, Helium und Kalzium nachgewiesen sind. Diese 
Gasatmosphäre, in der feste oder flüssige Teilchen zu schweben scheinen, 
ist ganz außerordentlich dünn; von der Strahlungstheorie aus hat Arrhe⸗ 
nius sie auf ein Gewicht geschätzt, das 400 unserer Ozeanriesen zu 
transportieren vermögen, was etwa der Meinung Newcombs gleich— 
kommt, daß in der Korona vielleicht bloß ein Staubkorn auf das Kubik— 
kilometer komme. Die Protuberanzen, intensiv rot leuchtende Flammen, 
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113) Über das Auftreten neuer Sterne (Universitätsrede) 1922. 
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