Full text: Natur und Gott

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Körperliche und geistige Vererbung. 455 
mutet man etwa zwei antagonistische Hormone, ein deprimierendes und 
ein euphorisierendes (zur Heiterkeit anregendes), die in enger korrela— 
tiver Beziehung stehen und eine hinzutretende Unfähigkeit, Gleichge— 
wichtsstörungen (die etwa infolge von Überproduktion einer Drüse auf— 
treten) auszugleichen. Auch für die Schizophrenie vermutet man als 
biologische Grundlage Störungen des innersekretorischen Systems, die 
etwa durch zwei (oder mehr) antagonistische Teilanlagen bedingt sind. 
Die Epilepsie läßt sich ebenfalls als Ausdruck einer solchen Störung, ver⸗ 
bunden mit einer bestimmten zerebralen Anlage auffassen. Hinsichtlich 
der dementia praecox ist man einig darin, daß nur ein rezessiver Erbgang 
in Frage kommen kann und gleiches gilt im allgemeinen auch für die 
andern, dem Bereiche der Schizophrenie zugerechneten Krankheitsformen; 
ebenso ist Rezessivität der gewöhnliche Typus für den Erbgang der 
Epilepsie. Soweit etwa neben diesen rezessiven Haupttypen auch Domi⸗ 
nanz vorkommen sollte, müßte vermutet werden (wofür ohnehin allerlei 
Anzeichen bestehen), daß den pathologischen Phänotypen verschieden⸗ 
artige Genotypen zugrunde liegen. Für das zirkuläre Irresein scheint 
diese Annahme unausweichlich zu werden, da sich dem vorherrschenden 
Typus einer (vielleicht komplizierten) Dominanz seltenere Erbgänge zur 
deite stellen, die auf rezessive, vielleicht auch auf geschlechtsgebundene 
Anlage hinweisen. Daß alle diese Krankheiten auch den Intellekt an⸗ 
greifen, ist bekannt, wie man denn eine epileptoide und eine schizoide 
schwachsinnsform unterscheiden kann; auch die euphorischen Imbezillen 
icheinen einen selbständigen konstitutionellen Typus zu bilden; es wird 
vermutet, daß Schwachsinn und Idiotie auf gleichartige, nur in ihrer 
Auswirkung verschieden bedingte Gene zurückgehen. Dem Gesagten ent⸗ 
pricht, daß es anscheinend sowohl dominante wie rezessive Geistesan— 
lagen gibt, die Geistesschwäche zur Folge haben. Der sog. moralische 
Schwachsinn und die kriminellen Anlagen zeigen vielfach enge biolo⸗ 
gische Verwandtschaft mit der schizoid-schizophrenen Konstitution; da— 
neben gibt es eine Gruppe Krimineller mit epileptiformen und hyste— 
rischen Erscheinungen. Diesen Verschiedenheiten entspricht es, daß auch 
der Erbgang verschieden, bald rezessiv bald dominant, erscheint. Erwähnt 
sei schließlich, daß man auch die sexuellen Perversitäten in eine be— 
stimmte Korrelation mit der schizophrenen Ronstitution zu bringen ver— 
sucht hat. Überall zeigt so die Vererbung eine Verbindung somatischer 
und psychischer Elemente. Es ist daher eine naheliegende Hypothese, daß 
den lange unerkennbar bleibenden Hemmungsfaktoren auf psfychischem 
Gebiete vielfach erkennbare Störungen somatischer Art zur Seite gehen. 
Auf diesem Grundgedanken beruht die für die psychiatrische Diagnose
	        
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