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Zur Einführung.
Naturerkenntnis zum Gottesglauben mehr als billig gefehlt hat. Wir
können somit die Gedankengänge, die man als „kosmologischen“ und
„teleologischen Gottesbeweis“ zusammenfaßt, durch Rants Kritik und
durch seine halbe Zustimmung zu letzterem nicht für erledigt erachten,
halten vielmehr eine gründliche Nachprüfung des ihnen zugrunde lie—
genden Erfahrungsmaterials und ihrer Beweiskraft für geboten. Ana⸗
loges gilt von den andern „Beweis“ verfahren, soweit sie einen Beitrag
zur Klärung unseres Themas zu liefern vermögen.
Neben den zwei Grundproblemen, die sich uns bisher ergeben
haben, dem naturalistischen und dem supranaturalistischen, die sich beide
als kosmologische charakterisieren lassen, tritt uns ein drittes scharf ent⸗
gegen, wenn wir nochmals die idealistische Philosophie und Feuerbach
einander gegenüberstellen. Die Idee der Gottmenschheit, von der jene
sich leiten ließ, zeigt diesem, daß auch im Gotte der Geistesreligion immer
noch ein Stück Natur bleibt. Das absolut unsinnliche Wesen offen—
bart sich in dem sinnlich erscheinenden Erlöser und gerade hierin liegt
der Kerv des religiösen Glaubens. Chisti Auferstehung befriedigt das
Verlangen des Menschen nach unmittelbarer Gewißheit von seiner per⸗
sönlichen Fortdauer nach seinem Tode; so bildet den Kern der Religion
die Erhaltung des Menschen als Naturwesen mit seinen sinnlich-selb—
stischen Wünschen. Der Widerspruch solcher Gedanken gegen die Not—
wendigkeiten der Natur wie gegen die sittlichen Forderungen veranlaßt
dann Feuerbach, die Keligion als phantastische Gedankenbildung im
Sinne eines falsch orientierten Glückseligkeitsstrebens aufzufassen und zu
bekämpfen. Daß seine Beobachtung einen Erdenrest der religiösen Ent—⸗
wicklung, „zu tragen peinlich“, scharfsinnig aufgespürt hat, wird kein
Kenner der Keligionsgeschichte der Menschheit in Abrede stellen wollen;
daß Keligion darin nicht aufgeht, dürfte schon aus den bisherigen Aus⸗
führungen deutlich hervorgehen und wird auch aus der weiteren Dar—⸗
stellung genugsam erhellen. Aber weit über die spezielle Wendung, die
Feuerbach dem Gedanken gegeben hat, reicht die Tatsache, daß in der
hochgesteigerten geistigen Keligion des Christentums Gott und Natur
in einer menschlichen Person verbunden werden. Weit über den Rah—
men einer historischen Spezialfrage, aber auch der Diskussion über das
Recht des Supranaturalismus greift die Frage hinaus, die damit ge⸗
stellt ist. Es ist auch noch zu speziell, wenn Feuerbach sie auf Uufer⸗—
stehung und persönliche Fortdauer nach dem Tode hinausspielt. Daß
auch damit ein sehr wichtiger Punkt berührt ist, ist ohne weiteres deut⸗
lich. Wird doch vielfach die Idee persönlicher Unsterblichkeit als natur⸗
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