506 Der Mensch im Lichte der Naturwissenschaft.
sich nicht aus der Anthropoidenreihe entwickelt haben kann, daß viel—
mehr diese (falls überhaupt ein Zusammenhang besteht) von einem ge—
meinsamen Urtypus aus entartet ist. Das von hauser und Klaatsch in
Frankreich zutage geförderten Fossil des homo Mousteriensis (1908)15)
bestätigte die errungene Erkenntnis.
Genannt!s) seien ferner der Fund eines nahezu vollständigen Ske—
letts bei La Chapelle-aux⸗-Saintst) (Depart. Corrèze) 1909 sowie zweier
Skelettreste, darunter eines Kindes, in einem Kalksteinbruch in Ehrings—
dorf bei Weimar 1914 und 191618). Als typische Züge des diluvialen
Menschen, die ihn den Anthropoiden annähern, nennt Hans Virchow
den Augenbrauenwulst, fliehende Stirn, niedriges Schädeldach, stark ge—
krümmtes Hinterhaupt, zurückweichende Unterkiefer, gewisse Eigen—
tümlichkeiten der Schneidezähne usw. Dagegen erstiert nicht der vielfach
angenommene spitze Eckzahn. In gewissen typischen Merkmalen, die an—⸗
thropoidenähnlich sind, variieren auch die Anthropoiden aller drei Gat—
tungen außerordentlich. Andre typische Merkmale unterschieden zwar
den diluvialen Menschen vom heutigen, sind aber garnicht anthropoidisch.
schließlich gibt es auch gewisse Züge, namentlich die Bildung der Nase,
in denen der frühe Mensch wenigstens ebensoweit von den Anthropoiden
entfernt ist, wie der rezente. Die Frage der Verwandtschaft des diluvi—
alen Menschen mit dem rezenten und mit den Anthropoiden ist daher
„viel komplizierter und viel weniger durchsichtig, als man es gern haben
möchte“. Auch die Frage von Rassenunterschieden des diluvialen Men—
schen beurteilt Hans Virchow, obwohl er die ganz besondere Eigenart
des Kiefers des Chringsdorfer Erwachsenen stark empfindet und im
Prinzip das Vorkommen zahlreicher Lokalformen für wahrscheinlich er—
achtet, mit großer Zurückhaltung. Auch ihm bewährt sich übrigens der
Kiefer von Mauer als besonders altertümlich.
10) Rlaatsch u. Hauser, Homo mousteriensis Hauseri im „Archiv f. Anthropo⸗
kogie“, neue Folge Bd. 7 (09) s. 287 ff.
16) Zusammenfassungen des ganzen Materials bei Ad. Heilborn, D. Mensch
d. Urzeit, 4 Vorlesungen. 3. A. 18 [(Göschen] K. H. Jacob, D. diluviale M. u. s. Zeit-
genossen Voigtländers Quellenbücher] 12; E. Werth, D. fossile M. 1.2, 24; h.
Pohlig, Eiszeit u. Urgeschicht. d. Mn. 07; von Einzelstudien sei noch genannt M. Ver⸗
worn, D. diluviale M.fund v. Obercassel b. Bonn; U. E. Schreiner, Die M.knochen
d. megalithischen Grabkammer b. Soelvikni. Norwegen (A. d. Anatom. Instit.
d. U. Kristiania) 23. Vgl. auch „Archiv f. Anthropologie“; „Zeitschr. f. Morphol.
u. Anthropol.“
1) M. Boule, C Anthrop. O8/9; Annales do paléont. 11/15.
18) hans Virchow, D. menschl. Stelettreste usw. 20; oben ist namentlich auf
S. 17 ff. u. auf die Schlußbetrachtungen Bezug genommen.
W
M
—58
8JD
8
F
e
ft
ne
d