Full text: Natur und Gott

Motorisch⸗vegetative Funktionen des Großhirns. 537 
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ständen auch selbständig tätig werden können. Es besteht kein 
zweifel darüber, daß diese Beobachtungen sich auch auf die tiefer— 
stehenden Organismen beziehen und hier um so mehr Geltung haben, 
je weniger das Großhirn und damit die Sentralisierung ausgebildet ist. 
In diesem Sinne kann man der einst von Pflüger vertretenen Annahme 
einer „Kückenmarkseele“ sehr wohl zustimmen. Grenzen nach unten 
werden hier erst durch die zunehmende Zusammenhangslosigkeit der 
Teile niederer Organismen gesetzt. Aber die freilich unbeweisbare An— 
nahme, daß Lust und Unlust ursprünglich jedem Lebewesen, ja jeder 
zelle eignen, wird man nicht ohne weiteres ablehnen können. 
Eine verwandte Frage ist es, wo man den ersten Beginn bewußter 
Empfindung anzusetzen hat. Monakow möchte schon dem Rückenmark 
einen „winzigen Bruchteil von Empfindungselementen der niedern Emp⸗ 
findungen“ nicht absprechen; ebenso trägt er kein Bedenken, den niedern 
zentren Anfänge assoziativer Tätigkeit zuzuschreiben. Dagegen be— 
zieht Edinger das Paläencephalon (d. h. das Rückenmark und ver— 
längerte Mark) nur auf die Leistung von Sinnesrezeptionen und Bewe— 
gungskombinationen, „Bewußtsein“ aber als „die Fähigkeit, die eignen 
Wahrnehmungen darnach einzurichten“, beschränkt er auf höhere Säuge— 
tiere (nit entwickeltem Stirnlappen). Auf alle Fälle wird die Reprä— 
entation der Empfindlichkeit auf jeder höheren Neuronenordnungsstufe 
zu erhöhter Bedeutung erhoben und wohl auch mit reicheren Quali— 
täten ausgerüstet, um im Großhirn zur wirklich bewußten zu werden. 
Im allgemeinen zeigt sich der durch Verlust des Großhirns bedingte 
Ausfall von Leistungen um so größer, je höher die Organisationsstufe 
des betreffenden Wirbeltieres ist. Fische behalten noch nach völligem 
VDerlust des entsprechenden Teiles ihres Gehirns im wesentlichen, was 
sie schon haben. Der hund, dem Goltz beide Hemisphären abgetragen 
hatte, verblödete völlig, wenn er auch die Bewegungs- und Sehfähigkeit 
nicht völlig verlor. Der Mensch aber verliert, wenn die entsprechenden 
Rindenpartien zugrunde gehen, wirklich und dauernd die Fähigkeit, die 
mit jenen verbundenen Gliedmaßen richtig zu gebrauchen; Blutungen 
in den Occipitallappen machen ihm dauernd blind usw. Damit ist der 
allgemeine Anteil des Großhirns nicht nur an den höheren geistigen 
Funktionen, sondern auch an der Sinnesperzeption und an den Bewe— 
gungen in groben Unrissen festgestellt. 
6. Motorisch⸗ vegetative Funktionen des Großhirns. 
Wenden wir uns jetzt dem Großhirn und der feineren Differen— 
zierung seiner Teiless) zu, so empfiehlt es sich, von der sog. motorischen 
889) Vꝗl. Monakow a. a. O. S. 603 ff. — Candois a. a. O. 8 882. 291. Edinger,
	        
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