574 Der religiöse Wert des naturwissenschaftlichen Weltbildes.
losem Pulver bestanden und plötzlich sich entzündet hätte“, also zu ganz
unvorstellbaren Größen. Energien sind in so ungeheurer Fülle vorhan—
den, daß ihr Verbrauch überhaupt keine KRolle spielt. Dasselbe gilt auch
noch, wenn wir den Blick auf unseren Planeten beschränken. Die strah—
lende Energie der Sonne, die den Luftkreis und die Wassersphäre in
dauernder Bewegung erhält, schafft in Wechselwirkung mit der Erde und
ihrem regelmäßigen Kreislauf jene gewaltigen, zugleich rhythmisch
wirkenden Kräfte, in deren Erscheinung die Alten entweder Gottheiten
oder doch ihre Boten?) verehrten.
Aber nicht nur den Kreislauf und den innern Zusammenhang jener
allbekannten, auf Erden wirksamen Naturgewalten hat unsere Forschung
in helles Licht gestellt und in seiner Notwendigkeit begriffen, sie hat auch
die innere Einheit der Grundkräfte der Natur, des Elektromagnetismus
mit dem Lichte und der Wärmestrahlung auf der einen, mit den chemi⸗—
schen Kräften auf der andern Seite, zu erfassen vermocht und selbst ihre
innere Verbundenheit mit jener gewaltigen Kraft, welche den Ge—
stirnen ihre Bahn vorschreibt und alles Irdische an unsern Planeten
fesselt, zu ergründen begonnen. Die Einsicht in diese überaus wunder—⸗
baren Zusammenhänge gibt unserer Naturanschauung eine innere Ein—
heitlichkeit und Geschlossenheit, wie sie frühere Geschlechter nicht einmal
zu ahnen vermochten. Von dem innern Gleichmaß und der Kontinuität
des Geschehens, die daraus folgt, von der Ordnung und Gesetzmäßigkeit
des gesamten Weltlaufs, die letztlich aus wenigen wunderbar einfachen
Grundregeln, aus der Erhaltung des Stoffs und der Energie, aus der
Universalität der Naturkonstanten beim Übergange der Energien inein—
ander, aus der Gleichheit der Elektronen und der zahlenmäßig festge—
legten Abgrenzung ihrer Bahnen hervorgeht, brauchen wir nicht mehr
zu reden. Einer der Bahnbrecher der neuen Anschauung?) hört aus der
Sprache der Spektren „eine wirkliche Sphärenmusik des Atoms, ein Zu—
sammenklingen ganzzahliger Verhältnisse, eine bei aller Mannigfaltig—
keit zunehmende Ordnung und harmonie“ heraus. Auf den gleichen Ton
sind überall die Ausführungen gestimmt; daß das wirkliche Verhalten
der Natur durch besondere Einfachheit und harmonie ausgezeichnet sei,
ist gemeinsame, einstimmig geäußerte Überzeugung. Damit sind wir aber
zu dem Gedankenkreise zurückgeführt, aus dem heraus einst die Hhellenen
die Einheit, Cinfachheit und harmonie des Kosmos erfaßten, aus dem
zwei Jahrtausende später Kopernikus und Kepler sich für das heliozen—
trische Weltbildleinsetzten; wir dürfen auch sagen, zu jenem Ideenkreise,
) ps. 104, 4. Apc. 7, 1. 14, 18. 16, 5.
3) Sommerfeld, a. a. O. s. VII.
—i
ün
21n
N
—
u⸗J
An
M
vfttt
8
vꝑsd
opp
*7
Nde
n
711
77*
W
7
*16
IVc
*
Ne
btf
5I
»**
'
—38
*.
Iin