Full text: Natur und Gott

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Der Gesamteindruck von den Wundern der organischen Welt. 603 
sie weiter an die Nachkommen; seine individuellen Erlebnisse und Er— 
werbe aber, soweit sie nicht etwa Natur in ihm geworden sind und 
seine Generationskraft verändert haben, fallen gänzlich aus. Gleichwohl 
ist das individuelle Leben das einzige, was Natur uns oöffen zeigt, 
während die generativen Geheimnisse aufs sorgfältigste verhüllt sind; 
auch hat dies individuelle Leben unbestritten wenigstens insofern fun— 
damentale Bedeutung, als es die Grenzscheide zwischen Vergangenheit 
und Zukunft bildet, einen Lebenstyp der Vergangenheit als lebensfähig 
erprobt und (falls die Probe gelingt) an die Zukunft weitergibt. Auf 
diesem stets neu hergestellten Gleichgewicht zwischen ererbtem Typus 
limmanentem Anlagematerial oder Kräftepotential) und den äußern Be— 
dingungen beruht alle biologische Entwicklung. 
Wir spinnen hier die Erörterungen über die Bedeutung der natür— 
lichen Auslese oder die Wiederholung der Stammesgeschichte im Werden 
des individuellen Organismus nicht weiter aus; was darüber als wissen— 
schaftliche Feststellung oder Hypothese beigebracht werden kann, ist oben 
ausgeführt. Gleichgültig, wie man über Einzelheiten urteilen möge, 
sicher ist, daß den großen geologischen Epochen tiefergreifende Derän— 
derungen der Pflanzen- und Tierwelt parallel gegangen sind, und daß 
diese nicht nur im allgemeinen die Richtung von einfachen zu kompli— 
zierten und stark differenzierten organischen Bildungen zeigen, sondern 
auch eine ganz unverkennbare Richtung zur Ausbildung höherer Orga— 
nisationsformen (im Sinne biologischer Systematik) und eine ebenso un⸗ 
verkennbare Tendenz zur Spezialisierung des Organismus. Schwer er— 
weisbar, aber im allgemeinen kaum abzuweisen und für gewisse Gruppen 
auch nahezu demonstriert, ist die gemeinsame Abstammung von gleich— 
artigen, weniger spezialisierten Voreltern. Wie weit die Forschung das 
Entwicklungsgesetz über die tatsächlichen Feststellungen hinaus extra— 
poliert, auf wie viele oder wie wenige einfachste Formen sie das Ganze 
der organischen Welt zurückzuführen vermag oder wenigstens hypothe— 
tisch zurückführt, ist bei allem Interesse, das man daran nehmen muß, 
eine Frage ohne prinzipielle Bedeutung. Daß bei der Ausbildung der 
Arten die Faktoren der Umwelt, zumal Ernährung, auch geographische 
Isolierung u. dgl. eine wichtige Rolle spielen, ist schon hervorgehoben. 
Herade die überaus große Mannigfaltigkeit der Lebewesen, ihre Ange— 
paßtheit an alle sich bietenden Lebensmöglichkeiten beweist, in wie 
hohem Maße jeder Organismus ein Produkt der Verhältnisse ist. Zu— 
gleich aber ist hierdurch jeder Art, ja jedem Individuum ohne sein 
eignes Zutun sein Ort in der Welt angewiesen, der Platz im Ganzen, 
auf dem es nach der Gesamtheit der Lebenserfahrung seiner Vorfahren
	        
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