Full text: Natur und Gott

614 Der religiöse Wert des naturwissenschaftlichen Weltbildes. 
einsachster Lebewesen zu vergleichen. Ebenso bleibt die Frage nach dem 
Verhältnis jener von uns geforderten „biologischen“ Zusammenhänge zu 
dem chemischen Zusammenhange eines Moleküls zur Seit, wenigstens 
unter den bisher erörterten Gesichtspunkten unbeantwortbar. Dennoch 
dürften bei dem überall bestehenden Zusammenhange alles Lebendigen 
mit den phnysikalisch⸗chemischen Stoffen und Kräften und bei der sonst 
stets gewahrten Kontinuität im Hortschritt der Naturgestaltungen die 
vorgetragenen Erwägungen auch dann nicht sachlich ganz belanglos sein, 
wenn wirklich neue auftretende Energien im organischen Leben anzu— 
nehmen sein sollten. 
6. Die Analogie der organischen Ursächlichkeit mit der seelischen. 
Etwas näher läßt sich immerhin das Verhältnis des biologischen 
zum chemischen Zusammenhange umgrenzen, wenn wir den Organis— 
mus, der sich zwischen der „unbelebten“ und der „beseelten“ Natur in 
einer eigentümlichen Mittellage hält, auch mit dem Seelenleben, d. h. der 
Bewußtseinstätigkeit, vergleichen; von reflektierendem Bewußtsein, wie 
wir es im „Selbstbewußtsein“ des Menschen kennen, wird dabei abge— 
sehen. Daß zahlreichen Tieren eine bewußte, wenn auch vielleicht nur 
„instin ktive“ Tätigkeit zukommt, machen die Tatsachen evident. Wie— 
weit nach dem Pflanzenleben und den Protozoen hin psychisches Leben 
anzunehmen sei, ist eine Frage für sich, die hier außer Betracht bleiben 
kann. Ebensowenig wollen wir jetzt in eine Diskussion über die Art— 
verschiedenheit instinktiven Seelenlebens von höherem Seelenleben 
eintreten. Es genügt, von dem auszugehn, worin allgemeine Überein⸗ 
stimmung herrscht, von der Instinkthandlung, wie sie von einer gewissen 
Organisationsstufe ab sich sicher beobachten läßt; sie ist dadurch charak 
terisiert, daß der Trieb und die Fähigkeit zur Handlung gleichmäßig 
allen Individuen derselben Art zukommt und daß sie, ohne erlernt zu 
werden, ohne daß auch nur irgend ein Zweckbewußtsein dahinter steht, 
den Eindruck vollkommener Treffsicherheit macht und (unter normalen 
Bedingungen) der Erhaltung der Art oder des Individuums dient. 
Unsere Srage geht nun dahin, wie sich zu den Instinkthandlungen solche 
von dem Organismus selbst ausgehende Betätigungen, die nicht als un— 
mittelbare Wirkungen des Tieres selbst betrachtet werden können, 
verhalten. 
Am sichersten werden wir den Vergleich an den sog. vegetativen 
Funktionen, dem Stoff- und Energiehaushalt, dem Wachstum und der 
Hererbung ausführen können. Das Ergebnis ist ein völlig eindeutiges 
und nicht umstrittenes: alle diese Betäti gungendes Organis⸗ 
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