704 Naturerkenntnis u. Religion i. Lichte d. Erkenntnistheorie.
Gefühl nur gleichsam gespiegelt, nicht hervorgebracht. In diesen sub—
jektiven und doch als objektiv empfundenen Wertungen haben wir etwas
wie eine neue Kategorie vor uns, die von den Kategorien des naturgesetz—
lichen Denkens spezifisch verschieden ist, aber nicht minder als sie eine
Form der Wirklichkeit darstellt, einer Wirklichkeit, an der teilzunehmen
für uns die höchste Lebenssteigerung bedeutet. Denn dieser Welt der
Werte gehören alle unsere Ideale an. Der Verstand gestaltet keine
Ideale, es sei denn rein formale; er hat auch keine Empfindung für
Ideale, sondern kennt nur die naturgesetzliche Form der Wirklichkeit.
Dagegen in dem Reiche des Wahren und Schönen, des Guten und hei—
ligen eröffnet sich uns ein Reich spezifisch geistiger, idealer Werte und
Wirklichkeiten, das die wahre Heimat des Geistes ist. Gibt es aber über—
subjektive, unbedingte und allgemein gültige Werte, so muß unbescha—
det der Freiheit, die auf diesem Gebiete waltet, für alle, welche unter
dem innern Zwange dieser Werte stehen, auch eine gemeinsame, wissen—
schaftlich formulierbare Erkenntnis dieser Werte und damit auch des
letzten Weltgrundes und Weltzweckes möglich sein. Die Form, in welcher
speziell die religiössen Wertgrößen ihre Wirklichkeit bezeugen, haben wir
uns schon oben vergegenwärtigt. An ihrer Kealität, ihrem rein in sich
ruhenden, sich selbst genugsamen Fürsichsein besteht in aller echten Fröm—
migkeit kein Zweifel. Denn gerade in der lebendig-persönlichen Bezie—
hung des ewigen Gutes auf die menschliche Persönlichkeit, in dem wahr—
haften In⸗- und Miteinanderleben von Gott und Mensch gipfelt jenes
höchste, selige Leben, welches Gabe und HAufgabe und in beiden ge—
sichertes Erlebnis echter geistiger Frömmigkeit bildet. In der eignen Na—
tur den Grund und Quell des seligen Lebens zu suchen, ist dem Menschen
unmöglich, weil er in sich selbst etwas ganz andres findet, nämlich den
Mangel solches Lebens und den Widerspruch dagegen; auch bleibt er,
wo es in ihm zum höheren Leben kommt, stets seiner Unzulänglichkeit
bewußt und weiß, daß er sich nicht durch eigne Kraft dazu erhebt.
Mit der Realität Gottes und seiner Offenbarungen, ohne welche
der Glaube nicht gedacht werden kann, ist ein zwar nicht irgendwie
äußerliches, mechanisch verwertbares, aber doch ohne Frage sehr wirk
sames Kriterium der religiösen Erkenntnis gegeben. Wie die Spinne,
ihrem Instinkt folgend, den Faden zieht und das Netz webt, so bildet dem
Urtrieb des in den Offenbarungen wirksamen Gottesgeistes folgend die
Glaubenserkenntnis ein mehr oder minder vollständiges, in sich zusam—
menhängendes Ganzes der Glaubensgedanken aus. Auf die immanente
Gesetzmäßigkeit dieses Erkenntnisprozesses gehen wir, alle spezifisch theo—
logischen Fragen beiseite stellend, nur insoweit ein, als ein erkenntnis—
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