60 Bedeutung der Natur für die Keligion.
dender Vogel, dagegen ward die weiße Taube, die der Astarte heilig
war, unter Liebenden zum bedeutsamen Geschenk, im Christentum (und
Islam) als reiner, frommer Vogel geradezu zum Symbol des Hl. Geistes.
Von der Schönheit der wilden Pfauen sind die indischen, auch die bud—
dhistischen Texte voll. Zum Liebling der Hhimmelskönigin Hera machte ihn
der Augen- (Sternen⸗) glanz seines Gefieders. Nach einem Traum des
Ennius sollte er als Symbol des Firmaments würdig befunden sein,
homers Seele in sich aufzunehmen. Im Christentum ward er zum Bilde
der Unsterblichkeit, zumal nach Augustin sein Fleisch unverweslich sein
sollte. Dagegen ward er in der Sekte der Jezidi oder Teufelsanbeter als
Inkarnation des Bösen (Königs „Pfauhahn“) verehrt. Das Perlhuhn ist
mit Perlen (d. i. Tränen) über und über besät, so liegt es nahe, in ihm
die verwandelten Schwestern Meleagers zu erblicken, die seinen Cod
beweinen. Dagegen knüpft es wohl an die Tapferkeit und Streitsucht
des Tieres an, wenn es im Tempel der Parthenos (SArtemis) auf Ler⸗
mos der Göttin geweiht ist. Die Keligion geht, wie man sieht, in diesem
Vergeistigungs- und Symbolisierungsprozeß mehr und mehr in Poesie
überss).
Noch weiter entfernt sich das Tier vom Göttlichen, sobald es zum
Ausdruck seines Gegensatzes gemacht wird. Ursprünglich wurzeln Gött⸗
liches und Dämonisches in dem gleichen Boden, aber allmählich trennen
sie sich und das Tierische bleibt an dem Dämon, dem Schreckgespenst,
haften. So erscheint die kindermordende Dämonin Labarta mit Löwen—
haupt und Raubvogelbeinen, Schlangen in den Händen“); böse Geister
erscheinen als Schlangen oder Leoparden. Die Phantasie bildet durch
Beigabe entsprechender tierischer Attribute Schreckgestalten und Fabel—
wesen, die auch als furchterregende Wächters) sich brauchbar erweisen.
In die Urzeit verlegt der babylonische Mythus chaotische Wesen von
allerlei Art und unter einander vertauschten Gestalten, zumal Meer—
drachen, „bekleidet mit Furchtbarkeit, beladen mit Schreckensglanz“, die
im heeresgefolge der Urmutter Tiamat den himmlischen Krieg an—
sagten. Auch der hebräischen Poesie sind solche Gestalten nicht fremd;
mit See- und Wolkenungeheuern läßt sie in der Urzeit Jahwe kämpfen.
In einer spätgnostischen Schrift erscheint die ganze Welt von Finsternis
umgeben; diese wird als großer Drache dargestellt, dessen Schweif in
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16) Vgl. hehn, a. a. O. 388 ff.
17) Vgl. Meißner, a. a. O. s. 81 f.
48) Man beachte auch den Brauch der germanischen Feldzeichen, die zur
Zeit des Tacitus aus Drachen, Wölfen, Stieren, Ebern, Adlern, Raben bestanden.