68 Bedeutung der Natur für die Keligion.
Tätigkeit des CLandmanns ist hier durch zahlreiche göttliche Beschützer gesichert.
Uber der Aussaat steht Saturn (ursprünglich Saeturnus), mit dem zugleich Cua
(ct. lues) als Feindin der Saaten verehrt und damit unschädlich gemacht wird.
—R Feldfrucht, mit
dem Ops, die Verkörperung des reichen Erntesegens, zugleich als Garant gegen
Feuersgefahr verbunden ist. Daneben wird eine Keihe von weiblichen Gottheiten
verehrt, von deren Gnade das Gedeihen der Frucht abhängt. An ihrer Spitze
steht Tellus mator, die mit den Unterirdischen (Di manes) eng verbunden ist,
die Göttin des Saatfeldes, das den Samen aufnimmt und in seinem Schoße sich
entwickeln läßt; mit ihr ist seit alters Ceres verbunden, die Göttin des pflanzlichen
Wachstums. Auch die Blüte des Getreides (Flora) und ebenso die SFrucht (Po⸗
mona) besaßen ihre eigne göttliche Vertretung. Nehmen wir noch die Tätigkeit
des Jupiter Pluvius hinzu und die der Laren, welche die Feldpolizei zu üben
hatten, so konnte es, wenn alle das Ihre taten, an einer guten Ernte nicht
fehlen. Daneben spezialisierte sich Venus, die Repräsentantin des Reizes und
der Blüte der Natur zur Schützerin der Gärten und des Gemüsebaues; Liber
erhielt (als Dionysos) die Beziehung auf den Weinbau, Ceres (als Demeter)
auf den Getreidebau. Als Gott animalischer Befruchtung wurde Faunus ver—⸗
ehrt; seine Priester, die lIuperci, schlugen mit Riemen des geschlachteten Bockes
die Frauen in die hohle Hand, was ihnen Befruchtung und leichte Entbindung
schaffen sollte. Liber ist ursprünglich mit tierischem und pflanzlichem Samen in
verbindung gebracht; sein Fest galt für das Gedeihen der Samenarten; diesen
Tag wählte man mit Vorliebe zur Anlegung der Männertoga; in Lavinium
wurde ihm zu Ehren ein großer Phallus umhergefahren und von Matronen äffent⸗
lich bekränzt; einer Art von Priapus opferten die Frauen verschleiert und sein
karcinium wurde vor Neuvermählte gesetzt. Zur Fortuna virilis beteten in den
Männerbädern die Frauen geringeren Standes, während der Fortuna virginalis
bei der Verheiratung die Mädchenkleider gewidmet wurden. Auch der Aphrodite⸗
kult wirkte schon früh von Sizilien nach Kom hinüber. Erwähnen wir schließlich,
daß Janus als Konsevius über den Anfang des Lebens wachte und den wer—
denden Menschen bis zur Geburt begleitete, daß Mater Matuta, die Göttin des
Frühlichts, ihm als Geburtsgöttin zur Seite trat, daß auch die Himmelsgöttin
Juno die Entwicklung und Entbindung des Kindes unter ihrer Obhut hatte und
nebst dem Genius (gignere) für die fortdauernde Zeugungskraft der Samilie
sorgte, so ist nach allen Seiten hin deutlich gemacht, wie weittragende Bedeu—
tung die Fruchtbarkeit der Che, der herden, der Felder fur die altrömische Reli—
gion besaß und in jeder denkbaren Beziehung unter göttlichen Schutz gestellt war.
Die gleichen Momente, die uns hier in starker Keflektiertheit und
in logischer Zergliederung entgegentreten, begegnen uns sonst in mehr
poetischem Gewande und zugleich in einheitlicher zusammenfassender
Grundanschauung. Am einfachsten gestaltet sich die Idee in dem alten
Bilde der Hochzeit von Himmel und Erde, deren Folge das neu auf—
sprießende Leben ist. Da strömt, wie äüschylos es darstellt, der Regen
herab und schwängert die Erde, die Futter gebiert und Demeters Frucht
und Frucht der Bäume. Das alles aber nimmt, wie er hinzufügt, Aphro—
dite als ihr Werk in Anspruch. So ist die älteste Schicht von Gedanken
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