Bedeutung der Natur für die Religion.
Gericht: „Ihn meldet an sein Dröhnen, der Zorn gegen das Unrecht
eifern läßt. Ja darüber zittert mein Herz und bebt empor von seiner
Stellest). Für den frommen Sänger bilden die Worte: „Gewölk und
Dunkel ist um ihn her; Gerechtigkeit und Kecht ist die Grundfeste seines
Thrones“ parallele Gliederee). Im gleichen Gedankengange bleibt Jesa—
ias, wenn er durch Berührung mit der glühenden Kohle am Altar Jah—
wes (d. h. dem Blitz) sich bis auf den Grund gereinigt und geheiligt
fühltes). Bis auf Luther hin hat solch Gewittererlebnis die stärkste Er—
schütterung des Gewissens zu bewirken vermocht. — Noch eine andere
Tendenz wird aus der gleichen Naturgrundlage herausgeholt. Als Gottes⸗
odem steht der Wind in enger Beziehung zum Hauch der Seele und wird
daher zu dem Prinzip, durch das alle Wesen ihr Leben habene9, und
von hier zieht sich eine deutliche Linie bis zu der Erkenntnis, daß Gott
Geist ist, und zu dem Geist als Lebensprinzip der Christenheit, bei dessen
Auftreten und Wirken immer noch die alte Naturgrundlage im hinter—
grund sichtbar bleibte).
Sehr eigenartige Züge zeigt die Mondverehrung, die allem An—
schein nach in alten Zeiten den Sonnenkult überwog. Die befruchtende
Kraft des Hhimmels eignet im Orient zumeist dem tauspendenden Nacht⸗
himmel und der vornehmste Kepräsentant des Nachthimmels ist der
Mond. Wir begegnen daher an ganz verschiedenen Stellen der Erde
unabhängig der Vorstellung, daß der Mond die Mutter ist, die Ge—
deihen schafft, den Grund sprießen läßt, Saaten und Früchte hervor—
bringt. Gleichen Segen erwarten die Hottentotten vom Siebengestirn,
der herde Tsugoabs, des Mondgottes, bei dessen Erscheinen man das
Jahresfest feiert, die Agypter und Iranier vom Sirius; die übrigen
Gestirne treten stark zurück. Noch verbreiteter ist die Verbindung von
Mond und Tod; nicht nur steht als Nachtgestirn der Mond von vornher⸗
ein in Beziehung zum Totenreich, erstellt auch in sich selbst den Kreislauf
des Werdens und Vergehens dar. Nach weit verbreiteter Auffassung
stirbt der abnehmende Mond und lebt dann als zunehmender wieder auf
(oder ist auch ein ganz neuer). Durch seinen Tod hat er Krankheit und
CTod in die Welt gebracht. Auch begegnet nicht selten die Vorstellung,
daß der Mond der Aufenthalt der Abgeschiedenen sei, wobei man sein
zu⸗ oder Abnehmen mit dem Herauf- oder Hinabsteigen der Seelen in
Verbindung brachte. Auch mit der Zu⸗ oder Abnahme der in der Welt
ↄ1) hiob 36, 33 f. (Duhm); vgl. Jes. 30, 27 ff.; Hab. 3, 10ff. usw.
92) Psalm 97, 2. 33) Jes. 6, 6f. 34) Psalm 104, 30f.
os) Act. 2, 2.3 (Sturm und Seuer); Mt. 3, 11 (Geist und SFeuer); Joh. 3,8.
(Geist und Sturm).
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