Jahrzehnte entstanden sind und sich in Deutschland namentlich während des Krieges
und nach dem Kriege entwickelt haben, ihren Platz gefunden. So ist die Herstellung
der Zellulosegarne (Papiergarne usw.), die in Deutschland für die Gewinnung von
Ersatz für Jutegarne in ihren wichtigsten und besten Verfahren erfunden und aus-
gebaut wurde (Verfahren von Türk und Verfahren von Claviez) dargestellt, nebst
der nach dem Kriege in bedeutsamer Weise in Deutschland weiter entwickelten
Verwertung der „verwollten‘“ oder „„verbaumwollten“‘ (kotonisierten) Bastfaser
(elementarisierte Einzelzellen von Flachs und Hanf; Verfahren von Dr. E. Gminder;
Verfahren von Walter Kämpfe). Die Kunststoffe (künstliche Seiden) sind durch die
Krstlingserzeugnisse des französischen Chemikers de Chardonnet (Collodiumseide,
1884) und verschiedene neuere Viscoseseiden usw. veranschaulicht.
Der nächste Raum ist der Darstellung der Entwicklung der Spinnereivorbe-
reitung für Baumwolle und Wolle gewidmet. Es werden ältere und neuere Hilfsmittel
gezeigt, um den von Natur für das Spinnen noch ungeeigneten Fasern durch auf-
einanderfolgende Arbeitsgänge (Reinigen, Zerlegen, Ordnen, Kämmen, Vergleich-
mäßigen, Verfeinern bis zum Vorgarn) den für das Spinnen erforderlichen Grad
der gleichmäßigen Anordnung zu erteilen.
Die mechanische Verarbeitung begann, wie eingangs schon angedeutet, am
Ende des 18. Jahrhunderts mit der kurzfaserigen Baumwolle, die hierfür durch ihre
Massenerzeugung vorbestimmt war und zur Massenfabrikation hinleitete. Die meisten
grundlegenden Erfindungen in der mechanischen Spinnerei wurden damals für die
Baumwollindustrie gemacht, und erst später sind sie in mehr oder weniger veränderter
Form auch auf die übrigen Faserindustrien übergegangen, abgesehen natürlich von
originalen Erfindungen, wie sie durch die Eigenheiten der verschiedenen Rohstoffe
bedingt wurden.
Als wichtigster Vorgang der Spinnereivorbereitung ist das Kardieren (Krem-
peln), die Entwirrung der Faserbüschel und ihre Zerlegung in Einzelfasern sowie die
Herstellung des ersten geordneten florartigen Faserverbandes besonders berück-
sichtigt. In der Sammlung ist besonders bemerkenswert die Nachbildung der ersten
Kardiermaschine (Karde) von Arkwright, dem Begründer der mechanischen Spin-
nereivorbereitung (1760), sowie das Original einer Deckelkarde aus der ersten von
Arkwright zu Cromford ins Leben gerufenen Baumwollspinnerei der Welt. Be-
sonderes historisches Interesse bietet auch die erste Versuchsmaschine für das
Kämmen von Kammwolle von Josua Heilmann (1845, Mülhausen), dem Haupt-
begründer der mechanischen Kämmerei. Die Fortentwicklung der Heilmannschen
Kämmaschine läßt u.a. eine moderne, betriebsfähige Kämmaschine (System G€-
zauff) der Firma Fried. Krupp, A.-G., Essen, erkennen.
Die Entwicklungsreihe der Strecken enthält das Original einer älteren Baum-
wollstrecke sowie eine für die mechanische Verarbeitung von Kammwolle grund-
legende Nadelstabstrecke der Firma Fried. Krupp, A.-G., Essen.
Die Vervollkommnung der mechanischen Vorgarnbildung in der Streichgarn-
spinnerei ist wiedergegeben durch die Gegenüberstellung eines alten Kratzenflor-
teilers (1851) und eines Riemchenflorteilers, der von Ernst Geßner in Aue i. Sa. (1859
bis 1861) erfunden wurde und bahnbrechend gewesen ist.
Die Darstellung der Entwicklung der Vorgarnbildung aus Baumwolle enthält
die historisch sehr interessante Nachbildung der sog. .„„Laternenbank‘“ von Ark-
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