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RICHARD WILLSTÄTTER, CHEMIE.
Als Oskar von Miller mit dem Plane des Deutschen Museums an die Öffentlich-
keit trat, war der Gedanke zündend und erfolgverheißend, ein Museum von Meister-
werken der Technik zu schaffen, es erschien jedoch als ein bedenkliches, kaum aus-
führbares Unternehmen, die Errungenschaften der Chemie und anderer Naturwissen-
schaften in einem Museum darzustellen. Adolf von Baeyer und andere führende Hoch-
schullehrer standen dem Plane mit starkem Mißtrauen gegenüber. Grundlegende Ex-
perimente und Entdeckungen der Naturforschung stellen sich nämlich an Apparaten
und Präparaten so unscheinbar und geringfügig dar, daß es nicht gewöhnlicher und
aicht geringer Vorbildung bedarf, um die Eigenart und Bedeutung einer Beobachtung,
einer Versuchsanordnung, einer Theorie zu begreifen. Auf anderen und den meisten
Gebieten, die das Museum pflegt, läßt sich der Fortschritt anschaulich und verständ-
lich, belehrend und erhebend darstellen. Die erste Dampfmaschine, der Explosions-
motor, das älteste Fahrrad, das erste Flugzeug — mögen sie als die ersten Erfin-
dungen ihrer Art primitiv sein, und eben, weil sie primitiv sind —, sie sind beredte
und auf den ersten Blick überzeugende Denkmäler des wissenschaftlichen und tech-
nischen Fortschrittes. Wenn. aber der Besucher ein Fläschchen mit einigen Kubik-
zentimetern braun gewordenen Öles oder wenn er ein Retörtchen mit Zinkstaub
unter dem Porträt Adolf von Baeyers betrachtet, so fehlt dem Museumsobjekte die
unmittelbare Anschaulichkeit und Beredtsamkeit gegenüber dem Laien, auch dem
gebildeten Laien. Der Kenner wird freilich mit feierlicher Empfindung die Auf-
schrift auf dem kleinen Fläschchen im Präparatenschrank lesen, die ihm sogleich
einen Fortschritt in der Erforschung der Materie ins Gedächtnis ruft. Jenes bräun-
liche Öl ist das Phenylhydrazin von Emil Fischer. Dies war das ausgezeichnete
Werkzeug, mit dem in den achtziger Jahren Fischer die Konstitution der Zucker
erschloß. Es ist dasselbe Phenylhydrazin, aus dem L. Knorr das Antipyrin gewann,
den Grund legend zur fabrikmäßigen Synthese wertvoller Arzneimittel. Und jene
Retorte mit Zinkstaub stellt die Methode dar, mit der A. Baeyer die Konstitution
des Indigofarbstoffes enträtselte und mit der in seinem Laboratorium Gräbe und
Liebermann das Alizarin aufklärten.
Die chemischen Dinge haben keine so ursprüngliche Anschaulichkeit, daß sie
ohne Vorkenntnisse verstanden werden und ohne gewisse einfache Vorstellungen,
für die wieder ein bestimmtes Maß von Kenntnissen unentbehrlich ist. Die Schule
gibt leider diese elementaren Kenntnisse der Chemie nicht. Und die Fortschritte
der Technik lenken sogar davon ab, sie erzeugen die Gefahr, daß sich das Publikum
der Städte oberflächlich und gedankenlos an das Wunder gewöhnt. Jedermann
benützt die Telegraphie und die Telephonie, die ohne Draht den Luftraum und das
Weltmeer überbrücken, und man lernt und fragt zu wenig, was Luft und Wasser
sind. Noch weitere tiefgreifende Wesensverschiedenheiten gibt es zwischen der
chemischen Abteilung und anderen Gruppen des Museums. Während der Maschinen-
bauer oder der Elektrotechniker Konstruktionen schafft, für die das Naturgeschehen
kein Vorbild hinstellt, besteht ein großer Teil chemischer F orschung nur im Ent-
schleiern der Eigenschaften und der Konstitution der Stoffe, die sich in der Natur
finden oder die aus Naturprodukten bei einfachen Prozessen, z. B. beim Erhitzen,
hervorgehen. Die künstliche Darstellung der Stoffe hat die Kenntnis des Aufbaues
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