Full text: Das Deutsche Museum

KARL FINCKH, BELEUCHTUNG. 
Noch ist es Tag, da rühre sich der Mann! 
Die Nacht tritt ein, wo niemand wirken kann! 
Der lähmenden Nacht einen, wenn auch schwachen Abglanz des freundlichen 
Tageslichtes aufzuzwingen, ist menschliches Bestreben zu allen Zeiten gewesen. Die 
Sonne, die große Kraftquelle, gab das Vorbild dazu, das Feuer, einmal im Besitz des 
Menschen, gab die Möglichkeit der Erfüllung. Der Augenblick, in dem bewußt zum 
ersten Male das Feuer zur Beleuchtung und nicht zum Wärmen benutzt worden ist, 
liegt im Dunkel der Vorzeit. Schon Homer kennt das Kienholz und vorgeschichtliche 
Funde bezeugen den Gebrauch von Öllampen. 
Denkt man an die heutige Fülle und Bequemlichkeit der Beleuchtung, so kann 
man die ungeheure Entwicklung der Lichttechnik ermessen. Diese Entwicklung ist 
aber recht ungleichmäßig gewesen. Durch Jahrtausende ist nichts Wesentliches oder 
wenigstens grundsätzlich Neues geschehen, solange als Quelle des Lichtes nur die 
unveränderte Flamme Verwendung fand, in der glühender Kohlenstoff leuchtete. 
Erst Ende des 17, Jahrhunderts brachte die Entwicklung der Physik und der Chemie 
neue erfinderische Gedanken, die bis in die allerneueste Zeit der Beleuchtung einen 
mächtigen Aufschwung gaben. Und trotzdem sind es nur wenige Jahre, die uns von 
der gelegentlichen Anwendung des Kienspans trennen. 
Das Deutsche Museum verfügt über einen lückenlosen und schier unerschöpflichen 
\nschauungsstoff zur Entwicklung des Beleuchtungswesens, dessen Wert noch dadurch 
erhöht wird, daß er meistens in Originalstücken vorhanden ist. Seine Aufstellung 
/olgt im allgemeinen der zeitlichen Entwicklung. 
Der älteste Leuchtkörper ist der Kienspan. Besonders harzreiches Holz gab seiner 
Flamme die Leuchtkraft. In Metallkörben oder Haltern verschiedenster Formen 
konnte er an den gewünschten Orten aufgestellt werden. Aus ihm entwickelten sich 
die Fackeln, bei denen durch Auftragen von Teer, Pech und Werg auf einen Holzkern 
lie Leuchtkraft und Brenndauer erhöht wurde. Wesentlich später, in römischer Zeit, 
erscheint die Kerze als Lichtquelle. Ihr Brennstoff war Wachs und Talg. Als Docht 
dienten anfangs Pflanzenfasern, z. B. Bambus oder Binsen, die mit Wachs überzogen 
wurden. Der Baumwolldocht wurde erst später erfunden, und die letzten Verbesse- 
rungen, der geflochtene Baumwolldocht mit chemischer Imprägnierung, der, ohne zu 
kohlen, verbrannte und nicht mehr geschneuzt zu werden brauchte, gehörten dem 
19. Jahrhundert (Cambaceres um 1825). Die Fortschritte der Chemie führten zur 
selben Zeit zur Verwendung von Stearin, Paraffin, Ceresin (Reichenbach, Chevreul, 
Gay-Lussac 1825). Das älteste Verfahren zur Herstellung von Kerzen bestand im 
(ortlaufenden Durchziehen des Dochtes durch den geschmolzenen Brennstoff. Das 
Museum zeigt das Modell einer alten Wachszieherei. Später wurde das Gießverfahren 
entwickelt, bei dem das geschmolzene Wachs um den fest ausgespannten. Docht 
gegossen wird. Halter für Kerzen, von den einfachsten Formen bis zum wertvollen 
Kronleuchter, hat jedes Zeitalter entwickelt. Im Mittelalter und in der neueren Zeit 
war die Kerzenbeleuchtung ausgesprochene Luxus- und Kirchenbeleuchtung. 
Fast ebenso alt wie die Verwendung der festen Brennstoffe zur Erzeugung der 
‚euchtenden Flamme ist diejenige der flüssigen Brennstoffe Olivenöl und Rüböl. Sie 
brachte die Erfindung der Lampe, die in ihrer einfachsten Form aus einem Ölgefäß 
besteht, aus der ein Docht aus Pflanzenfaser das Öl emporsaugt und am freien Ende 
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