aus Unwissenheit frevelnder Heide. Auch das Pferd, ist behauptet
worden, deute den Ungarn an; so müßte den Reiter das Roß kennzeich—
nen, denn das Reiterbild in Bamberg ist kein Einzelfall unter den
Standbildern jener Zeit; man müßte unterscheiden: Das Roß des hi.
Georg, des hl. Martin, des hl. Stephan. Entscheidend ist dagegen der auf⸗
fällig und eigenartig geschmückte Sockel des Reiterbildes; er kann un—
möglich auf den Ungarnheiligen bezogen werden, seine Andeutung
mußte vergessen und seine Ornamentik für sinnlose Spielerei abgetan
sein, ehe man bei der Namensuche auf diese Benennung verfiei. Die ge—
wichtige Aussage des Sockels wird am Schlusse der Abhandlung zur
Sprache kommen. Literarische Zeugnisse, daß das Reiterbild für den' hl.
Stephan erklärt wurde, sind erst aus dem achtzehnten Jahrhundert vor—
handen; sie berufen sich nicht auf ältere Quellen, die feither verschollen
wären. Neuestens waist man auf ein Siegel des Notars Cunraob von
Olsnitz aus dem vierzehnten Jahrhundert hin, das im roten Wachs ein
gekröntes, lockiges Haupt zeigt und in der Umschrift den hl. Stephan
nennt. Wenn der Hersteller des Siegelbildes auch das Haupt des Rei—
ters zum Vorbilde genommen hätte, mußte dieser noch nicht Stephan
geheißen haben. Vorlagen von aͤhnlichen gekrönten, lockigen Häuptern
von Fürsten und Königen standen reichlich zur Verfügung in den Bil—
derhandschriften, in der Plastik des Jursten dieser Welt an St. Stephan
(dem Martyrer!) in Wien, in Straßburg und in Freiburg. So erfpart
uns auch dieses Siegelbild nicht die Mühe, nach dem urspruͤnglichen Na—
men, nach der Bildabsicht des Meisters zu forschen. Da wir in seiner
weltlichen Erscheinung keinen Heiligen erkennen und zur Benennung
mit irgend einem Personennamen keinen Anhalt finden, suchen wir die
Lösung des Rätsels in einer symbolischen Beobeutung des Reiters.
Dürers „Ritter, Tod und Teufel“
Das Beispiel eines namenlosen Reiters, der sinnbildliche Bedeutung
hat, ist der berühmte Ritter Albrecht Dürers. Weder die Entstehungs⸗
zeit (1513), noch der Meister selbst war dem mittelalterlichen Denten
entfremdet; gegen die rückfichtslosen Grundherren und Ritter gärte der
Unwille in Stadt und Land. Ohne den geriugsten Anhalt im Bilde hat
man diesen Reiter den Ritter Christi, den christlichen Ritter genannt,
hat man in ihm das Urbild deutschen Mannesmusfes ohne Furcht vor
Tod und Teufel gesehen. In keiner Weise deutet das Blatt Gutes an.
Der Ritter schaut grimmig drein. Sein Panier an der Lanze trägt er
nicht offen, wie der hl. Georg auf Dürers Kupferstich von 1508, sondern
zusammengerafft in seiner Pelzverhüllung. Das mächtige Streitroß
schnaubt kampfbegierig. Der Hund folgt willig, aber nicht freudig, er
wittert in die Wegrichtung. Kein frommes oder frohes Beiwerk ist im
Bilde. Des Ritters Rüstung ist vollkommen kriegsmäßig. Zur Seite
reitet der Tod mit schlangenumwundener Krone auf todmüdem Rosse;
er zeigt die Sanduhr, das Sinnbild der ablaufenden Zeit, er bedroht
nicht den Ritter, aber läßt ihn nicht des Gedankens los werden: Auch
du kommst daran. Auch der Teufel zeigt keine böswillige Absicht gegen
den Ritter. Beide Gespenster sind sein Gefolge. Ritter, Tod und Teufel
waren die Schrecken der Bürger und der Bauern. Eine Besprechung
redet von dem Ritterhorst im Hintergrund als von einer freundlichen
Burg im tönenden Abendlichte, aus der der Aufbruch erfolgie; der Riit
geht also doch in die Nacht hinein, auf dunkle Wege. Ber Grund der Fel⸗
senschlucht mit Molch und Totengebein unterstreicht die Unheimlichkeit
des Bildinhaltes. Wer sich in Streit und Fehde betäubt, findet keinen
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