maßes im Auge behalten. Sie sollen in der Welt leben, aber nicht von
diefer Welt sein; der „Fürst dieser Welt“ soll nichts an ihnen haben,
ihm sollen sie nicht ihre Seele verkaufen.
Das Bild der Welt wird nicht als häßliche, teuflische Erscheinung
dargestellt, die Welt wird nicht verurteilt, verdammt. Das „fromme“
Mittelalter hat die Schönheit der „lieben Welt“ wohl verstanden und
hochgeschätzt, das bezeugen die kirchlichen Hymnen, die höfischen Dich—
lungen, die köstlichen Werke der Plastik und Malerei. Die von Gott er—
—5 — Natur, alle Wesen der Welt waren Abbilder der göttlichen
Vollkommenheit, Analogien Gottes. Nicht zu verwundern ist es also,
daß die sinnbildliche Darstellung des Mundus als Fürst der Welt oder
das weibliche Bild, die Frau Welt, in Jugend und Schönheit erscheint.
Auch die Kinder Gottes mögen an der schönen Welt ihre Freude haben
wie der hl. Franz von Assisi, der „Bruder“ aller geschaffenen Wesen.
Aber das gleiche naturfrohe Mittelalter dachte eschatologisch, besann
sich auf das, was nachher, was zuletzt kommt und Gin wird, dachte an
die Kehrseite, an die Vergänglichkeit, Eitelkeit der Welt, an die Gefahr
der Verweltlichung, an den Mißbrauch, die Gottentfremdung, an die
Nachstellungen des Teufels, der sich unter dem Sockel des Bamberger
Reilers versteckt. Durch den menschlichen Leichtsinn erst wird die Welt
gefährlich, der Fürst der Welt zum Verderber. Die Bilder der Welt, die
wir fofori befprechen, heben nicht so sehr die Sündhaftigkeit, sondern die
Eitelkeit, die Vergänglichkeit, den Trug der Welt hervor; die Kehrseite
ist der Tod und die Verwesung.
Der Fürst der Welt
Die Welt in menschlicher Darstellung wird ein Mann sein, wenn das
lateinische Wort dafür, nämlich Mundus, dem Bilde zu Grunde gelegt
wird, und dann übersetzen wir, um beim männlichen Geschlecht zu blei—
ben, „Der Fürst der Welt“. Damit ist nicht der Höllenfürst gemeint,
sondern die Welt in ihrer Pracht. Nach dem deutschen Worte weiblichen
Beschlechtes wird das Bild eines Weibes gewählt, die „Frau Welt“,
wobei der alte Sinn des Wortes Frau als Herrin, also auch Fürstin
zur Geltung kommt.
Am Südportal des Wormser Domes aus dem Anfang des vierzehn⸗
ten Jahrhunderts steht die Frau Welt wie eine gekrönte Edelfrau, die
einem ihr huldigenden Ritter einen Schild überreicht; er ergibt sich in
ihren Dienst. Die Rückansicht der Frau zeigt keine Krone, jedoch Krö—
ten, Maden, Schlangen, die Würmer des Gräabes, die Leichenfresser alter
Vorstellung. Die mittelalterlich-deutsche Dichtung um 1300 (Konrad von
Würzburg, der Guotgere und andere) schildern ebenso die Frau Welt
mit den Zeichen der Vergänglichkeit auf dem Rücken und betiteln das
Bild mit „Der Welt Lohn“.
Eine Figur des Mundus befindet sich an der nördlichen Außenwand
der Sebalduskirche in Nürnberg; sie wird sowohl Fürst der Welt, als
auch Eitelkeit der Welt genannt. Es ist ein vornehmer, ungekrönter
Mann im langen Festkleide, sein Rücken aber trägt das Gewürm der
Verwesung; das ist der Hinweis auf die Vergänglichkeit, die Eitelkeit
der Welt. Gekrönte Fürsten, auch Versucher genannt, leiten in den
Münstervorhallen von Straßburg und Freiburg i. Br. die Reihe der
törichten Jungfrauen ein; so auch an der Galluspforte in Basel. In
Straßburg und Freiburg wird der Rücken der Weltfürsten von den
häßlichen Leichentieren angefressen. Beiden ist eine weibliche Figur bei—
gefellt: In Straßburg ein Mädchen, das sein Gewand löst, in Freiburg
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