Full text: Die geistige Botschaft romanischer Bauplastik

turm wurde in romanischer Zeit nur zweigeschossig gebaut. Nach einer 
Bauunterbrechung von 200 Jahren erst wurde das oͤritte Geschoß dar— 
aufgesetzt. Die Nische mit dem gotischen Karlsbild gehören alfo nicht 
— Periode an. Hiemit sind Hartig's Folgerungen hin— 
fällig. 
Die Erklärung des Reiters in Bamberg als Denkmal einer geschicht— 
lichen Persönlichkeit mag mit Billigkeitsgründen unterstützt werden, 
aus dem Bilde selbst, aus Attributen, Inschriften, mittelalterlichen Ur— 
kunden kann sie nicht abgeleitet werden. 
Hartig erklärt (S. 382): „Die symbolischen Deutungen bieten keinen 
Ersatz.“ Ersatz für Taufen nicht. Auch die umftrittenen Geseße der Ab— 
stammungslehre versagen. Reiterbilder werden immer an Reiterbilder 
erinnern; wenn sich der Feiher erinnert oder eines Vorbildes sich be— 
dient hätte, so mußte seine Bildabsicht durchaus nicht derfelben Idee 
gedient haben, wie sie anderen Reiterfiguren mit Recht oder nur ver— 
mutungsweise zugeschrieben wird. Wir finden aber bei Hartig (809) wie⸗ 
der die Belehrung: „Um ein kirchliches Denkmal zu verstehen, müssen 
wir eben in die kirchliche Vorstellungswelt einzudringen suchen, aus 
der die Kunst des ganzen Mittelalters schöpft.“ Da müssen wir fragen: 
Was hält dartig von der kirchlichen Symbolik des Mittelalters? Hat 
die Kunst des Mittelalters nicht daraus geschöpft? Angesichts der Er⸗ 
folglosigkeit der bisherigen Versuche, die sich auf Geschichtskenntnisse 
and ahnende GEmpfindungen verlassen, um dem Reiter einen Namen 
zu geben, ist es empfehlenswert, den ikonographischen Weg einzuschla— 
aen und einen Indizienbeweis aus den vorhandenen Andeutungen an— 
zutreten. 
Der Reiter von Vvamberg gehört dem Bereiche der mittelalterlichen 
Symbolik an. Er ist die Verbildlichung des Bibelwortes: „Vorüber geht 
die Gestalt dieser Welt“ (J. Kor. 7, 81)j. Der Meister hat mit Recht für 
den Mundus, die männliche, eindrucksvolle Darstellung der schönen 
Welt, eine Erscheinung aus seiner wirklichen Umwelt gewählt, von der 
wir, um uns mit fremder Feder zu schmücken, mit Härtig (S. 18) be— 
kennen: „Er, dieser Reiter, ist ein vollendeter Herrscher, ein Herrscher 
der t. Das ist der erste Eindruck, gegen den kein Zweifel auf— 
ommt. 
Er ist der Herr der ganzen Welt und sein Reich wird dauern bis 
an das Ende der Welt. 
somanilsche Steinbilder am Eingang der 
Nikolduskapelle des Münlsters zu Freiburg i. B. 
Zu den spätromanischen Bildwerken am Eingang der ehemaligen 
Nikolauskapelle im Eroͤgeschoß des südlichen Hahnenturmes besitzen 
wir eine ausführliche, mit guten Abbildungen ausgestattete Abhaud— 
lung von Dr. Frieobrich Panzer, „Der romanische Bilderfries am 
südlichen Choreingang des Freiburger Münsters“ („Freiburger Mün— 
sterblätter“, II. Band, 1906. S. 1834). Die ikonographischen Ausfüh— 
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