Kessel sichtbar, im Durchschnitt gegeben, damit die darin sieden den
Seelen gefehen werden; der Teufel stößt seine Ofengabel hinein. Daß
Früben ein Nanun im Gericht, herüben eine Frau auf dem Höllenweg
dargeftellt ift, muß als Spezialisierung ohne bestimmte Absicht beur⸗
leilt? werden, obgleich es nahe lag, durch die „Frau Mode“ die Eitelkeit
der Welt und ihr Endziel zu zeigen.
Eine Konsole, mit einem Widderkopf, ist unter der Gerichts⸗
darftellung einzeln und zwecklos angebracht. Novotny (S. 22) ist bei⸗
zustimmen, daß der ausgedehnteren Wagrechten der Gerichtsszene ein
fenkrechter Abschluß gegeben werden sollte. Doch warum ein Widder?
Es kann gedacht werden an den Ersatzwidder für Isaak, an den Sühne⸗
dock beim Versöhnungsopfer der Juden, an Christus als Sühnopfer.
Gerade unterhalb des Toten, der gerichtet wird, mahnt dieses Zeichen,
den Seelen der Verstorbenen durch Opfer und Gebet beizustehen.
Die Ornamentik der südlichen Fläche
Die Hochsäulenkapitelle: westlich Sündenleben; östlich
Sieg und Himmelreich.
Kapitelle und Konsolen am Architrav.
1. Kapitell der westlichen — hat Blattwerk mit Beerenfrüch—
ten, von denen ein vierfüßiges Tier mit langen Beinen und ein Vo—
gel naschen, eine beliebte Darstellung des Paradieses.
2. Konsole (über der Gerichtsdarstellung), eine Menschenseele, ohne
Bart, mit gescheitelten Haaren, in enganliegender Kleidung (um sie
nicht als Engel scheinen zu lassen), die Arme nach oben haltend, in der
Linken zwischen Baumen und Zeigefinger etwas Rundes (den Denar,
den Lohn?), seitwärts schwebend, die Beine rückwärts aufbiegend. Es
ist eine ohne Flügel schwebende Gestalt. über dem linken Fuße ist ein
Vogel mit ausgebreiteten Flügeln. Da dieses Bild über der Ge—
richtszene sich befindet, ist an eine zum Himmel aufschwebende Seele
zu denken. Der Vogel hilft nach zur Erkenntnis des Fliegens, „Christo
entgegen in die Luft“ (1. Thess. 4, 16).
3. Kapitell der Hängesäule, Blattwerk ohne Andeutung, Paradies,
Himmel bedeutend. Dann folgt der Kopf, der Gott-Christus bedeutet.
4. Kapitell der Hängesäule mit Traubenranken, wieder Paradies
und Himmel bedeutend, auch den Weingarten des Herrn. Diese zwei
Kapitelle beiderseits von Christus sagen vom Himmel, von dannen er
kommen wird zu richten ...
5. ongele mit zwei Adlern, die frontal, aufrecht, flugbereit stehen.
Zwischen den Adlern ist ein Stern. Der westliche Adler hat rauhes, der
oͤstliche glattes Gefieder. Im Dom zu Chur sind zwischen den ebenso
unterschiedenen Ablern zwei Sterne übereinander, die vom Himmel
fallenden Sterne, ein Anzeichen des Weltgerichts. Am Riesentor in
Wien sind die gleichen Adler, doch die Sterne fehlen. An der Westseite
des hl. Grabes in der Stiftskirche zu Gernrode sind die Adler, der rauh—
gefiederte linkerhand vom Lamm Gottes; der glatte rechterhand ist
zurch einen Nimbus als heilig gekennzeichnet, also ist der rauh gefie—
derte unheilig. Gernrode ist mir das früheste Beispiel dieser Adler, die
das Weligericht und die verschiedene Auferstehung ansagen: zur Herr—
lichkeit und in Häßlichkeit (1. Kor. 15, 51). Der Adler als Sinn—
bild der Auferstehung, sowie als Gerichtsvogel ist dem Mittelalter ge—
läufig; die Beziehung zu den Gerichtsbildern der Fläche ist offenbar.
6. Kapitell der östlichen Ecksäule, ein Menschenkopf erscheint in
Blattwerk, das aussieht wie zwei Reihen Gras übereinander. Da ist
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