Full text: Die geistige Botschaft romanischer Bauplastik

mehr oder weniger Raum beanspruchenden Bilder mußte Rücksicht neh⸗ 
men auf Länge und Einxassung der Blöcke und auf den inmitten anzü— 
bringenden Löwen. Es sind genau diese fünf in der Schrift aufgezähl— 
ten Laster dargestellt. Den Zeitgenossen war der Gedaͤnke gelaͤufiger 
als dem modernen Menschen. Zum Vergleich dienen die Stellen: Offb. 
21, 8; Offb. 9, 20; 1. Kor. 6, 9; Gal. 5, 19, wo unter anderen jedesmal die 
oben genannten Sünder aufgezählt sind, „die sich nicht bekehren, die 
das Reich Gottes nicht besitzen werden, deren Anteil im Pfuhle sein 
wird“. Offb. 22, 15 aber beginnt mit den Hunden und nennt fuͤnf und 
zwar die wirklich dargestellten Sünden unserer Bilderfolge. 
DieLöwen inbeiden Reihen 
Beiderseits nimmt ungefähr die Mitte des Kämpferfrieses, soweit 
es der Trichterschräge angehört, ein Löwe ein. Die beiden Löwen sind 
in Ausführung und Laufrichtung einander gleich wie Original und 
Kopie. Der Löwe ist vieldeutig im Grundsinne des Gewaltigen (Schot— 
tentor, S. 86 f.); hier kommen sie in Betracht als Portallbwen, die schon 
die orientalische Urzeit kennt. Sie sind die Wächter des Eingangs zum 
Heiligtum, das Zubehör zum romanischen Portal; sie sind aber auch 
ein Wahrgeichen der Gerichtshaltung, des Gerichtsplaßes geworden. 
Von diesen steinernen Löwen leitet sich die Beurkundungsformel ab: 
„Datum“ oder „Actum inter duo leones“ (Grimm, R. A, I. S. 428; 
Atz, Kgsch. von Tirol, Innsbruck, 1909, S. 167). Von diefen Löwen her 
wurde in neuerer Zeit noch der Gerichtsdiener Löw, Löb genannt; so 
in einer Polizeiverordnung aus dem ehemaligen Fürstbistuͤm Eichstätt 
vom Jahre 1658: „Indessen als das Brautpaar vor der Kirchentüre 
steht, soll der Löw die mutwillige Waare .. zum Schweigen anhalten 
oder gar wegjagen.“ Dabei die spätere Einfügüng: Löw, „so wurde der 
Amtsknecht genennet“ (bayer. Staatsztg. Beilage, Heimgarten', 1931, 
S. 263). Die Anbringung der Portallhwen im Kaͤmpferfries, anderswo 
auf den Kapitellen oder hoch an der Mauerfront ist nicht ungewöhnlich. 
Der sädliche Bilderfries: Die Sünde 
1. Daie Nachlassung der Sünde. Dem Eingange zu ist der 
Hundeblock abgeschrägt. In dem schmalen Bildfelde begegnen sich zwei 
männliche Gestalten. Die nördliche kniet; die südliche ist nur als Halb— 
figur sichtbar, sitzt wohl auf einem Stuhle, zu dem Stufen führen, auf 
denen die erstgenannte Figur kniet. Die Gewänder beider Personen, 
Pelzkleider, sind die bei Vornehmen geistlichen und weltlichen Standes 
in damaliger Zeit üblichen. Die nördliche Person streckt ihre Hand 
Hände?) der südlichen entgegen, die sie mit ihrer Hand (Händen?) 
amschließt. Nach Amira, S. 3240 f. ist die Handumschließung die Rechts⸗ 
gebärde der Kommendation, Empfehlung, Selbstübergabe unter einen 
Schutzherrn, einen geistlichen Obern. Eine solche Handumschließung ge— 
schah in der Beichte noch im dreizehnten Jahrhundert. Der Sünder emp— 
fahl sich in die Hände des Priesters, der die Nachlassung nicht apodiktisch 
Ego te absolvo), sondern fürbittend (Dominus te aäbsolvat) vermit— 
telte. Hier ist zu denken an Offb. 22, 14: „Selig, die ihr Gewand im 
Blute des Lammes waschen, daß sie zum Baume des Lebens Macht er— 
halten und durch die Tore der Stadt eingehen.“ Von der Sünde gerei— 
nigt kann der Begnadigte in das Heiligtum eingehen und an der Kom— 
munion teilnehmen. Keine andere Bedeutung ist der jetzt getrennt auf— 
gestellten Szene eines beichtenden Mannes und eines die Beichte ab— 
nehmenden Priesters (oder Bischofs) zu unterlegen, die am Eingang 
zur alten Kapelle in Regensburg sich befindet. Während dieser Bekehrte
	        
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