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durch das Tor eingehen darf, ist den Unbußfertigen der Eintritt ver—
sagt; wir müssen bei diefer Torsymbolik das Kircheninnere als Him—
melreich, das Draußen“ als Well und ßoͤnt auffassen. Wie nun auf
diesen Vers 14 die Aufzählung der Ausgeschlossenen folgt, so folgen auf
dieses Bild des Wiederausgenommenen die Darstellungen der Draußen
stehenden, der Hunde, Lügner, Mörder, Zauberer, Götzendiener und
Unzüchtigen. Aufschluß über den alten Beichtritus verdanke ich H. H.
Dr. A. M. Königer, Ordinarius für Kirchenrecht in Bonn sa. Rh.)
2. Die Hunde. Die ornamentale Fassung, die Riemenbogen mit
Tierkopfsockeln, die paarweise Koppelung, all das „verschleift“ keines⸗
wegs den Sinn. Es ist eine unbestimmte Mehrzahl von Hunden nach
dem Worte der Offenbarung Joh. 22, 15, ohne (nach Spre 26, 11 und
2. Petr. 2, 22) an die Rückfälligen und Apoftalen denken zu lassen, es
sind die Sünder, die draußen, aus der Gemeinschaft der Kirche ausge—
schlossen sind Schottentor, S. 40). Sie bedeuten bie Allgemeinheit, dann
folgen in perfönlichen Darstellungen die Besonderheiten. Gerade diese
Hundereihe am Anfang durfte nicht fehlen, um recht augenfällig dar—
zutun, daß jene Bibelfstelle die Erklärung der Bilderreihe angiot.
3. Der Jrrlehrer, der Lügeliebt und turtGEin Im lan⸗
gen, dicken Schwanz erkennbarer Fuchs packt mit den Vorderpfoten das
Haupt einer zurückgebeugten Menschengestalt von hinten. Dieser Mann
trägt langen Bart und weites, faltiges Gewand; von einer Karikatur
ist nicht zu reden, eher von einer Charakterisierung als eines persön⸗
lich achtbaren Mannes. Aber der Fuchs als Lügner, der Teufel als
Vater der Lüge (Joh. 8, 44) hat von ihm Besitz genommen, und aus
dem, wie die Schonung in der Darstellung erkennen läßt und die Würde
seines Antlitzes anzeigt, ehrengeachteten Manne ist einer geworden, der
die Lüge liebt und übt Unter den düchsen, die den Weinberg verwüsten
Hohelied 2, 15), verftehen die Aus eger die falschen Fropheten die Irr⸗
lehrer. Ezechiel neunt die falschen Propheten Füchse (13, 4j). Dante
Purg. 32, 118) sagt: Wie ein Fuchs sucht die Härefie in die Kirche ein⸗
zuschleichen. Versuche ich nun odie portraithafte Darstellung auf eine be—
ue Persönlichkeit, deren Name im dreizehnten Faine im
mlauf war, zu deuten, so äußere ich nur meine persönliche Meinung.
Um 1200 gewann die Ketzerbewegung neuerdings an Boden. 1209 1229
dauerten die Albigenserkriege. Gefährlicher erschien der christlichen Intel—
digenz der von Albertus Magnus und Thomas von Aquin bekämpfte, von
der Kirche oft verurteilte Averrhoismus. Averrhoes, geb. 1126 in Cordoba,
gest. 1189 in Marokko, wohin er, wegen seiner philosophischen Lehren an—
geklagt, sich zurückziehen mußte, der die persönliche Unsterblichkeit leugnete
und das Bestehen einer doppelten Wahrheit, der philosophischen und der
theologischen behauptete, wurde von den „Fortschrittlichen“ jener Zeit be—
geistert aufgenommen. Wegen seiner Verdienste um Aristoteles wurde er
verehrt; Dante (Inf. 4, 144) versetzt ihn zu Aristoteles, Sokrates, Plato in
das Tal der Edlen und Weisen des Heidentums. Man erblickte aber in ihm
den Vater der gefährlichsten Häresie jener Zeit und verglich ihn mit Mo—
hammed und dem Antichrist (Hettinger, die göttliche Komödie, S. 206, A.
17). Ich halte die schöne, bärtige Geftaͤlt in faltigem Gewande für ein Phan—
tasiebild des gelehrten Arabers, der allerdings nicht persönlich aus der
Kirche ausgeschlosfen sein konnte, weil er kein Christ war, aber seinen An—⸗—
hang, die Irrlehre, repräsentieri Bühler, Anm. 18; Herder, Lexikon).
Nach dem Irrlehrer folgt der Löwe
4. Dex Morder. Da sehen wir zwei Menschen in nördlicher Rich⸗
tung laufen. Der Vordere trägt den Kapuzen⸗- oder Gugelmantel. der
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