Full text: Die geistige Botschaft romanischer Bauplastik

Wo er in der „Versuchung des Einsiedlers Antonius“ auftritt, handelt 
es sich um die Erregung der Todesangst und Mutlosigkeit. Im Zusam— 
menhalt mit den Bildern des Südgangs mahnt er die Lebenden, in 
shrem Wohlsein der letzten Dinge nicht zu vergessen. 
Gegen Osten bringt das Kämpferbild dieses Zwischenpfeilers ein 
fischartiges Wesen mit einem Hundekopf, das wie in einer Schlinge 
gefangen ist, die als Strick um einen Baum gegzogen, als Schlange den 
— festhält. Darauf folgt ein Baum, dann ein Vogel, der mit 
erhobenem Bein den Feind verspottet, der ihm nachstellte und nun 
selbst in seine eigene Schlinge geraten ist. Sowohl der „Fisch“, als auch 
der Strick ist als unterweltliches Wesen gekennzeichnet. In den Psal— 
men kommt das Bild öfters vor, daß die Feinde in den Schlingen, die 
sie legen, selbst erliegen sollen. 
Die beiden Säulenkämpfer besitzen kein ursprüngliches Pflanzenwerk. 
Der dreigesichtige Bogenanfänger ist verändert. Vielleicht bedeutete 
er einst die drei Menschen- oder Lebensalter, die in der Volkskunst als 
vereinigte Gesichter vorkommen, Jüngling, Mann und Greis. 
Am zweiten Zwischenpfeiler zeigt, die Westseite wieder ein Jagd— 
bild: Drei Hunde verfolgen einen Hasen durch Gebüsch; mitten hier in 
Lebenszeit sind wir vom Tod verfolgt. Darüber das dazu stimmende 
Schlingenband. Unter dem gleichen Bande ist an der Ostseite des Kämp⸗ 
fers eine Traubenranke; niͤrgends ist Sicherheit. 
Am ersten Säulenkämpfer fressen zwei Vögel von Pflanzen, zwei 
andere Kröte und Schlange; so suchen die Menschen erlaubte oder unter— 
weltliche Genüsse, die einen zum Leben, die anderen zum Verderben. 
Auf der westlichen Fläche des zweiten Säulenkämpfers springt ein 
Ir durch Gesträuch, ein Feind des Weinbergs. Ostlich ist ein Doppel— 
bwe, wieder eine Mahnung, den Tod zu bedenken. 
Am dritten Zwischenpfeiler gegen Westen hin, pickt ein Vogel von 
Trauben, ihm gegenüber pflückt ein affenähnlicher Vierfüßler Beexen 
aus einer Blatthülle, die einer Giftpflanze gleichen mag; wieder sind 
die verschiedenen Gelüste der klugen und der törichten Seelen gemeint. 
Gegen Osten hin trägt dieser Pfeiler ein Kämpferfries mit Wein— 
stöcken, darüber ein Schlingenband. 
Am ersten Säulenkämpfer gegen Osten stehen zwei Vögel mit ge— 
schlossenen Flügeln, also nicht auffliegend, jeder hält unter einem Fuß 
einen kleinen Vogel, was sicher bedeutet, daß F“ ihr Junges beschützen, 
oder das Junge vertritt das ganze Nest, ein Bild des Lebens in dieser 
gefahrvollen Welt. 
Der vierte Zwischenpfeiler zeigt im Kämpferfeld der Westseite einen 
fluchtbereiten, wachsamen Vogel, der von einer Traube frißt, hinter 
dem Weinstock folgt ein Fuchs, der eine Maus gefangen hat; ein 
Mensch sucht erlaubte Freude, der andere seinen Vorteil nach dem 
Rechte des Stärkeren über die Kleinen. 
Die Ostseite dieses Kämpfers schmückt eine Traubenranke mit einem 
spielenden Vogel darin, Leben in Wohlergehen bedeutend. Am ersten 
Säulenkämpfer ist Laubwerk, einerseits naschen Vögel, anderseits 
kleine Vierfüßler friedlich an Beeren, Wohlergehen bedeutend. Der 
letzte Säulenkämpfer zeigt auf einer Seite ein Muster durchgezogener 
Ringe, Abschluß bedeutend. 
Dann folgt der Eckpfeiler mit der Umbiegung zum Ostgang. 
Im östlichen Flügel des Kreuzgangs tragen die Kämpfer ausschließ— 
lich Pflanzenornament. Es scheint damit der himmlische Paradiesgar— 
len angezeigt zu sein. Keine Bilder seliger Geister, Engel, Heilige, keine 
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