154 Diie drei Abgstter
12. Die drei Abgötter Ziu, Wodan, Donar am Kirchturm.
Peter-Paulsturm in Hirsau; der Säulenfuß von Speier;
das Steinbild von Wildberg.)
De Glockenturm von St. Peter und Paul zu Hirsau im Schwarz⸗
wald, erbaut von 1083 bis 1091, trägt an drei Seiten, an der
Nord⸗, West- und Südseite, in etwa Zweistockwerkshöhe, merkwür—
dige Steinbilder. Die Nordseite zeigt einen ruhig sitzenden bärtigen
Mann in Leibrock und Gürtel, mit herabfallenden Gürtelenden. Zu
seiner Linken hat er ein vierspeichiges Rad und eine betende Halb—
gestalt. Zu seiner Rechten ein gehörntes Tier, meines Erachtens
einen Geisbock. Dieses Rad weist uns den Weg zur Deutung des
ganzen Frieses. Für unser Gebiet, das der alemannischen ZSiuvari,
Ziuverehrer,ꝰ8a) haben wir jetzt in dem Tübinger Flachbild (vgl. unten
Abschnitt 20-22), in der Rottweiler Zierscheibe und in den vielen
anderen alemannischen Fierscheiben mit Hakenkreuz oder sternför—
migen Gebilden, in dem Bietenhausener Bogenfeld und vor allem in
dem Murrhardter Bogenfeld, auf dem der abgöttische Sonnendiener
nit seinem Heilszeichen von dem christlichen Priester mit dem Weih—
wedel gebannt wird, Anhaltspunkte genug, um mit Bestimmtheit
sagen zu können, das Rad ist Sinnbild der Sonne und ihres Dienstes;
der Beter mit aufgehobenen Händen stellt einen Anhänger dieses
abgöttischen Dienstes vor. Und dieser Sonnengott ist hier in Ale—
mannien gleichbedeutend mit Ziu, dem obersten Himmelsgott
Karl Simrock, Deutsche Mythologie 5. 545: Es ist „wahrschein⸗
lich, daß das Rad . . . . den deutschen Sonnengott bezeichnet“. J. W.
Wolff, Beiträge zur deutschen Mythologie Bd. IS. U7.
Daß die Verehrung der Himmelslichter bei den Germanen hei⸗
misch war, ist sicher. Das berichtet Cäsar ausdrücklich. Die deutschen
Namen für die Wochentage bringen an erster Stelle, vor der Götter⸗
dreiheit Ziu, Wodan, Donar, die Sonne. Die heilige Katharina,
auf die man auch riet, um das Rad an der Hirsauer Kirche zu
deuten, hat keinerlei Beziehung dorthin. Außerdem ist die betende
Halbgestalt eher männlich und anscheinend nackt. Dies hebt schon
çastenau hervor, Romanische Steinplastik in Schwaben 5. 5, der im
84) Neuerdings wird freilich behauptet, diese Bezeichnung, ebenso wie der Name
Ziesburg, für die Alemannen Hauptstadt Augsburg, beruhe auf einem Schreibfehler;
Boops, Reallexikon der germanischen Altertumskunde.