Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

Der Lanzenschwinger und Seelenführer 201 
menschliche Seelen, die sich dem hl. Michael empfehlen, dem Seelen— 
führer und Seelenwäger am Tag des Jüngsten Gerichts, dem 
Nachfolger des Seelenführers Wodan. Der Vogel auf einer Säule 
ist ein uraltes Sinnbild der Seele, die den Leib des Menschen 
verlassen hat (vgl. Carl Schuchardt, Alteuropa, 5. 163). Daß diese 
Vorstellung auch besonders den Germanen geläufig war, bezeugt 
der Geschichtschreiber der Langobarden, Paulus Diaconus, in 
Bd. V c. 34, wonach die Königin Rodelinde außerhalb der Stadt 
Ubb. 66/67. Säulenköpfe in der Kirche auf dem Michaelsberg bei Cleebronn. 
Ticinus eine Kirche gründete, welche ad perticas heißen sollte, 
d. i. zu den Stangen. Diesen Namen führte sie deshalb, weil hier 
vormals aufrechte Stangen standen, die nach langobardischer 
Sitte gesetzt zu werden pflegten, wenn einer irgendwo im Kriege 
oder sonst auswärts umgekommen war. „In diesen Fällen setzten 
seine Blutsverwandten an den Grabstätten eine Stange, auf deren 
Spitze sie eine hölzerne Taube befestigten. . . . In dieser Schilde— 
rung Paul Warnefrieds findet sich merkwürdigerweise als alte 
Cangobardische Volkssitte alles wieder, was zu den vorgeschichtlichen 
Grabkennzeichen gehört, der Grabhügel, die Stange, offenbar eine 
Holzsäule, mit dem Vogelbild darauf als Sinnbild der Seele“ (Fr. 
Weber, Sarg, Grabmal und Totenbrett, Boverischer Heimatschutz, 
913, 5. 158). 
„Besonders in AÄgypten und Griechenland, aber auch sonst 
erscheint die Seele in der Gestalt eines Vogels . . . Wegen der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.