Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

210 Der Wettermacher Donar —St. Peter 
daß das wilde Gejaid in der Überlieferung immer von Nordost nach Südwest zieht; 
das sei die Richtung, in der in der Völkerwanderung die Baiwaren von Böhmen 
her in ihr jetziges Siedelungsgebiet eingerückt seien; als die Bayern ums Jahr 500 
zie mitteleuropäische Herzfestung, Böhmen, räumten und dadurch dem Slawentum deren 
Besetzung ermöglichten. Jetzt suchen an dieser Gefahrenstelle, in Mitteldeutschland, die 
Franzmänner Verbindung mit den Tschechen, um den Norden vom Süden Deutsch⸗ 
lands abzuschnüren. 
Uralte deutsche Schicksale kreisen aufs neue; weil die Seele des deutschen Volkes 
dieselbe geblieben, mit seinem Mangel an völkischer Geschlossenheit und an völkischer 
Ligensucht; und weil die Lage des deutschen Volks auf der Erde die gleiche geblieben ist. 
19. Der Wettermacher Donar—St. Peter. (Groß⸗Linden 
bei Gießen; Petersberg im Inntal; Petersberg bei Fulda.) 
Des der hl. Petrus vielfach den Donar ersetzt hat, ist durch mannig— 
fache Umstände wahrscheinlich gemacht.114) „Statt eines Gottes 
Trank gilt nun eines Heiligen Minne. Der hl. Erzengel Michael wie 
der hl. Martin erhalten mancherlei vom Wodan, Petrus vom Donar 
zumoristische Züge.“ In gewissen Gegenden Westfalens muß am 
Detritag ein Hammerschlag an den Hauspfosten geschehen; der 
hammer ist die Waffe Donars. In einem wichtigen Fall ist diese 
Nachfolge durch schriftliche Überlieferung bezeugt. Daß nämlich 
Bonifazius im Hessenlande an Stelle der gefällten Donareiche, die 
nan bei Hofgeismar vermutet, eine Peterskirche gestiftet hat; wenn 
nämlich das Jupiter der Stelle mit Donar richtig wiederzugeben ist, 
was wohl außer Zweifel ist. Die Peterskirchen sind meist sehr alter 
Stiftung. Die Fähigkeit Wetter zu erregen und zu beschwichtigen ist 
von dem germanischen Bauerngott Donar auf den Wettermacher 
—RD 
schon erwähnt, gewisse tölpelhafte Züge, die die spätere schon ent— 
artete germanische Göttersage von Donar erzählt, auf den hl. Petrus. 
In Großlinden bei Gießen steht eine uralte Kirche mit viel er— 
zrterten Bildhauereien am Eingang.1144) Die Bauzeit ist schwer zu 
bestimmen. Es mag wohl richtig sein wie bei vielen bäuerlichen, 
von den großen Lebensmittelpunkten ihres Zeitalters entfernten 
Schöpfungen, daß der Bau altertümlichere Züge aufweist als gleich— 
zeitige Bauten der Rulturmittelpunkte, so daß man leicht verführt 
wird, das Alter zu überschätzen. Die beiden kleinen runden Türme 
der Eingangsseite sind unter anderem ein solcher altertümlicher Zug, 
19 Georg Steinhausen, Geschichte der deutschen Kultur, S. 69. 
104) DPol. A. Hepding, Mitt. d. Oberhess. Gesch⸗Ver. 1905.
	        
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