Der Wettermacher Donar —St. Peter
213
tung hat, ist sie meist schlagend. Die Künstler dieser Zeiten wissen
ganz gut zu erzählen. Das erkennt man freilich erst wenn man weiß,
was sie erzählen wollten.
Am Baptisterium zu Parma findet sich im Bogenfeld der Süd—
türe die Darstellung eines Mannes, der in den Zweigen eines
Baumes sitzt und Honigwaben zum Munde führt (Abbild bei F. X.
UNraus, Christliche Kunst, 2. Band S. 409). Unten lauert ein Drache
und die Wurzeln des Baumes werden von rattenähnlichen Tieren
benagt. Man hat früher auch hier an eine Deutung aus der nor—
dischen Sage gedacht; an die Weltesche und die an ihren Wurzeln
nagenden Mäuse; bis jemand auf die Geschichte von Balaam und
Josaphat kam, die irgendwie aus Indien in die christliche Heiligen—
legende eingeflossen ist. Diese Deutung ist unzweifelhaft die richtige.
Man braucht nur die Legende, etwa in der Fassung des Heiligen—
buchs von 1488, einmal vor der Darstellung zu lesen, um davon
pöllig überzeugt zu sein. Die tiefsinnige indische Erzählung, die
übrigens in ihrer Lebensmüdigkeit und Übergedanklichkeit merkwür—
dig absticht von den anderen Heiligengeschichten des deutschen Hei—
ligenbuchs, soll die Nichtigkeit des menschlichen Strebens nach Genuß
der Stunde vor Augen führen. Der Mann im Baum, der nach der
honigwabe greift, obwohl der Drache ihn bedroht, der ihn nach dem
unausbleiblichen Fall des schon angenagten Baums verschlingen
wird, ist der Mensch, der in diesem, jeden Augenblick von Tod und
Krankheit bedrängten Leben doch noch so unbesonnen in der kurzen
Zeitspanne lebt, um nach Genüssen zu jagen. — Ebenso ist die Deu—
tung des SFüricher Flachbildes als Zweikampf (vgl. oben Abschnitt 8)
and die Deutung der Säule im Berchtesgadener Kreuzgang auf Ziu
und den Fenriswolf (vgl. oben Abschnitt 3) völlig überzeugend, sowie
man nur einmal auf diese Deutungen gekommen ist. — Ich behaupte
von der Darstellung im äußeren Bogenfeld der Großlindener Kirche
links unten, mit den einzelnen Köpfen in kleinen Bogen und dem
Knieenden vor dem Mann mit Knüppel, daß sie einen gerichtlichen
zZweikampf vor Zuschauern darstellt, indem der ÜUberwundene den
Sieger um Gnade bittet (vgl. oben Abschnitt 8 am Ende).
Auf dem inneren Bogenfeld sind Mächte dargestellt, die dem
Christen feindlich sind. Sie sind da eingemeiselt, um sie zu bannen und
oon dem Imeren der Kirche fernzuhalten. Der Hornträger mag
an die wilde Jagd erinnern. Dem Volk der Hessen, außer den Friesen
dem einzigen deutschen Stamm, der seit den ersten Nachrichten über
Germanien dieselben Sitze festgehalten hat, ist der Sagenkreis der
wilden Jagd und selbst der Name Wode noch lebendig; ich erinnere
an den Schnellertz in dem freilich nicht eigentlich und dem Stamme