Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

Deutsche Denkmälerforschung 17 
„Die Fürsten der Sueven tragen das Haar noch zierlicher. Solche 
Sorgfalt wenden sie auf ihr Äußeres“ schreibt Tacitus (Germania 
38). Gute Körperpflege gilt immer mit Recht als das Zeichen einer 
gewissen Gesittungsstufe. 
Alles dies kann an dieser Stelle nur angedeutet werden. Aber 
es muß angedeutet werden. Es hängt zusammen mit der wichtigen 
Unterscheidung, die zu machen ist zwischen Kultur und Zivilisation. 
In dieser, in der äußeren Beherrschung der Mittel zur Cebens⸗ 
icherung und zum Lebensgenuß, war natürlich die reichere Mittel— 
neerwelt dem Norden voraus. Aber etwas ganz anderes ist Kul— 
tur, die feste Geistesform eines Volkes. Diesen Unterschied hat die 
bisherige Kulturgeschichte noch nicht in ausreichendem Maße ge— 
macht. 
Die schriftliche Uberlieferung, die Seeck bei seiner Einschätzung 
des germanischen Rulturstandes fast allein als Quelle benutzt hat, 
kann, abgesehen von der besonderen Ausbildung des Geschichtsfor⸗ 
chers zur Quellenkritik, jeder Gebildete selber nachprüfen, und, milde 
gesagt, den starken Zuschuß dichterischer Gestaltungskraft feststellen, 
mittelst dessen allein Seeck zu einem solchen Urteil kommen konnte. 
Sicherlich gehört dichterische Gestaltungskraft zum Geschichts⸗ 
schreiber. Aber es kommt auf das Maß an: Seeck schildert die Ge— 
innung und Denkart Diokletians mit einer Genauigkeit, wie man 
nach einem langen Leben weder die eigene noch die Seele seiner 
Frau zu kennen behaupten wird, sofern man sich nichts vortäuscht. 
Der Vorwurf war begründet, den man (Kossinna) gegen Seeck 
erhoben hat, daß nämlich hier noch anderer Stoff hätte herangezogen 
werden müssen, der zur Zeichnung jenes Bildes eben notwendig ist, 
und, nebenbei bemerkt, sehr viel mehr unmittelbare Quelle ist als 
Berichte von Geschichtschreibern; nämlich die Hinterlassenschaft jener 
Zeit, die der Spaten ans Licht gebracht hat. Wenn auch vieles, was 
Kossinna, Montelius und andere inzwischen herbeigebracht haben, 
erst der neueren und neuesten Zeit angehört; die Arbeiten des 
Altmeisters der deutschen Denkmälerforschung, Cudwig Cindenschmits, 
lagen damals schon lange vor, als Seeck schrieb. Die deutsche Denk⸗ 
mälerforschung hatte also ihre damaligen Ergebnisse schon zugänglich 
gemacht und den Schwesterwissenschaften vorgelegt; denn das kann 
man ja dem Geschichtschreiber, dessen Hauptquelle eben die schrift— 
liche Überlieferung ist, vielleicht nicht zumuten, daß er sich den 
Denkmälerbestand in den einzelnen Sammlungen und an Ort und 
Stelle zusammenholt. Der Verfasser der neuesten deutschen Alter— 
tumskunde, Friedrich Kaufmann, 19145, hat ein eigenes Durchforschen 
der Sammlungen allerdings für unerläßlich gehalten und weist 
Jung, Germanische Götter und Belden.
	        
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