Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

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Kreuz und Sonnenrad 
wußt, daß Sepp etwas sehr kühn in seinen glaubensgeschichtlichen 
Vermutungen war. Ich lasse also ausdrücklich dahingestellt, ob 
Sepps Deutung des C. M. B. auf Runen und auf die drei ger— 
manischen Hauptgötter zutrifft. Das letztere hat, abgesehen von dem 
Zauber der Dreizahl an sich, immerhin eine gewisse Wahrschein⸗ 
lichkeit; man denke an die Abgötter am Kirchturm in Hirsau, wo 
der christliche Baumeister doch auch alle drei treffen zu müssen 
glaubte. Aber ich brauche für meine obigen Ausführungen hier 
ja nur die zweifellose Tatsache, daß dieser Türzauber noch heute 
geübt wird; daß neben Kreuzen dabei die drei anderen Zeichen 
stehen, die sicher erst später auf die drei Könige umgedeutet worden 
sind; und daß der Zauber nicht christlichen Ursprungs ist. Das 
letztere geht daraus hervor, daß er keineswegs allgemein christlich 
ist sondern von der Kirche nur örtlich geduldet wird. Über den 
ersten Punkt schreibt Sepp, sicher zutreffend, folgendes: „Man 
deutet das C. M. B. als Anfangsbuchstaben der Namen der drei 
Könige, wovon das Evangelium nichts weiß; ja dies ist aus mehr— 
fachen Gründen nicht richtig. Die kirchliche Überlieferung bei 
Augustinus und Chrysostomus, Jakob von Edessa und anderen, 
nimmt zwölf Magier an, deren seltsame Namen Barbahlul der 
Syrer anführt ... Alle drei Namen sind aus einer chaldäischen 
Zauberformel oder aus den Amuletten wandernder Beschwörer in 
den christlichen Kalender gekommen. Weil die Weisen aus dem 
Morgenlande mit ihren drei Gaben Magier hießen,180) hat man 
die drei Könige den magischen Zeichen der drei alten Götter 
unterstellt“ 
Ich lasse das letztere wie gesagt dahingestellt. Ich verweise 
aber auf das Bogenfeld von der Altstädter Kirche in Pforzheim, 
das soweit ich sehe, das nach dieser Richtung merkwürdigste und 
seinem Vorstellungsgehalte nach, wenn auch vielleicht nicht nach 
der tatsächlichen Zeit seiner Anfertigung, das altertümlichste ist. 
hier sind die feindlichen Sinnbilder noch in keiner Weise umgedeutet 
ins freundliche und christliche. Die beiden Untiere, auch der Hahn 
sind dem Christen feindlich; das Kreuz ist nur ganz bescheiden an 
Größe und in einem einzigen Stück angebracht. Die Verknotungen 
links und rechts, auch das große Cinienspiel oben in der Mitte sind 
uralte Zauberzeichen; vgl. Abschn. 27. Auch der nackte Mann mit 
dem Schnurrbart ist eher heidnisch als christlich gemeint. 
iso) Sepp kannte noch nicht die erst später durch Albrecht Dieterich erbrachten 
Nachweise, wonach der Zug der Magier aus dem Osten wahrscheinlich an einen geschicht— 
lichen Vorgang anknüpft, an den Zug der Mithraspriester nach Rom unter Kaiser Nero.
	        
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