Deutsche Denkmälerforschung 21
Wenn überhaupt eine Lösung jener geschichtlichen Frage nach
dem Schauplatz der Varusschlacht möglich ist, muß die Denkmäler—
forschung sie bringen. Und diese könnte auf die Spur gebracht?)
werden — denn man kann nicht ganz Westfalen und gar Hannover
noch dazu umgraben — durch die Volkskunde, durch die lebende Über—
—
5lurnamen. Der Hinweis auf Ortsnamen muß ja freilich den vor—
sichtigen Forscher derzeit mit Recht etwas abschrecken, nach allem was
hier an Vermutungen und Willkürlichkeiten der sprachlichen Ab—
leitung geleistet worden ist; aber die Flurnamen, die bekanntlich
ungeheuer langlebig sind, sind längst noch nicht genügend durch—
forscht und können noch einmal etwas verraten.
Es hat einen gewissen Sonderbarkeitsreiz, daß gerade die räum—
lich am weitesten auseinanderführenden Lösungen der Frage nach
dem Schlachtfeld des Varus auf solche Grundlagen aufzubauen
suchen; nämlich die Antwort Dünzelmanns, der das Schlachtfeld in
der Nähe von Marl am Dümmersee, also an der nördlichsten von
den bisher vorgeschlagenen Stellen, sucht, und die südlichste Lösung
Hülsenbeck), die es bei Werl zu finden glaubt. Jener knüpft an späte
Nachrichten von einem erst im siebzehnten Jahrhundert zerstörten
Steindenkmal an, in dem er das von Germanikus errichtete Denkmal
der Gefallenen vermutet. Der Vertreter der südlichsten Lösung,
Hülsenbeck, will die noch heute lebendige Sage von der Entschei—
dungsschlacht am Birkenbaum zwischen Unna und Werl wenigstens
unterstützend verwenden; er erblickt in dieser Sage den Niederschlag
der geschichtlichen Erinnerung an die Schlacht. Daß Weissagungen
der Zukunft umgekehrt aus Ereignissen der Vergangenheit entstanden
sind, kommt häufig vor (vgl. oben). Es wäre an sich sehr auffallend,
wenn die Erinnerung an die Stätte der Varusschlacht im Volksmund
ganz verloren gegangen wäre. Tacitus berichtet ja ausdrücklich, daß
die Tat des Arminius von der deutschen Volksdichtung gefeiert worden
sei. Dann muß sie erst recht in der örtlichen Überlieferung weiter—
leben. Unten im Abschnitt 26 bringe ich einige, wie der Leser zu—
geben wird, verblüffende Beispiele dafür, mit welcher fast unbegreif⸗
lichen Treue oft die mündliche Überlieferung des Volks bestimmte
geschichtliche Ereignisse durch viele Jahrhunderte festhält. Dazu
kommt, daß das gewaltige Ereignis jener Schlacht einen sehr viel
Betrieben anordnete und
46 Millionen )) in Gang
einer deutschen Regierung
) WeCLangewies
deutschen Verbandes für
des Gesamtpereins 1920,
in Deutschland überhaupt durch riesige Geldunterstützung
brachte, um den Kapp'schen Versuch auf Wiedereinrichtung
zum Scheitern zu bringen.
che⸗Bünde, Vortrag auf der 11. Tagung des nordwest⸗
Altertumsforschung, Bückeburg 1920; Korrespondenzblatt
Fr. 7. 8.