260
Hakenkreuz und Sonnenrosse
Donarsheiligtum bei Brannenburg (vgl. oben Abschnitt 19) an—
gebracht ist. Aber Sonnenverehrung und Feuerverehrung hängen
enge zusammen; also könnte das Hakenkreuz auch ein gemeinsames
Zeichen für beide sein. Jedenfalls wurde es noch im hohen Mittel—
alter als ein heidnisches, dem Christentum feindliches Zeichen emp—
funden. Das beweist am deutlichsten das besprochene Bogenfeld
von Oberröblindgen: aber auch die unten noch zu besprechende Art
und Weise, wie Haken—
kreuz und Kerze oder
heraldische Lilie vielfach
an der Außenseite der
Kirche zusammen ange—
bracht sind, sicher um sie
als Zeichen der feindlichen
Mächte derart zu bannen;
vgl. zum Beispiel an der
Kirche in Weinsberg. Daß es als feindlich und gefährlich
empfunden wurde, beweist ferner der Umstand, daß es immer
ein wenig verändert, verbogen, verhehlt wird, wo es in christ—
licher Zeit auftaucht. Das ist kennzeichnend dafür, wie ge—
fürchtete Sinnbilder in ursprünglichen Zeiten behandelt werden;
man fürchtet sich, sie unmittelbar und unverhüllt zu berufen. Daß
das Hakenkreuz in frühchristlichen Zeiten auch als freundliches, als
heilszeichen und unverhohlen gebraucht wird, z. B. an der so—
genannten Rupertskasel des Benediktinerstifts St. Peter in Salz—
hurg, ist auch noch durchaus im Rahmen dessen, was man sonst
in glaubensgeschichtlichen Dingen beobachtet. Ein hochstehender
Mensch wie Gregor der Große will die vorhandene Ehrfurcht der
Menschen benutzen, um sie zu den von ihm für richtig gehaltenen
Anschauungen sanft hinüberzuführen. Er verbietet deshalb, die alten
Heiligtümer zu zerstören und verächtlich zu machen. Ein anderer,
leidenschaftlicher oder hassender, weil innerlich unsicherer, hält es
zunächst für die dringlichste Bekehrungsarbeit, die alten Beiligatümer
des Volks möglichst herabzuwürdigen.
War das Hakenkreuz nachweislich in früher Seit ein heiliges
Zeichen der Deutschen, so ist es von vornherein wahrscheinlich,
daß bei seinem häufigen Gebrauch in späterer Zeit jene Gedanken—
verbindungen noch nicht ganz verschwunden waren; wissen wir
doch nun aus neueren Ergebnissen der Volkskunde, der Glaubens—
und Rechtsgeschichte und der Geschichte überhaupt, auch aus einigen
Nachweisen der vorliegenden Schrift, daß sehr viel mehr uralte
Vorzeit noch neben uns lebt, als wir bisher wußten.
—
—
—