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Heidenkirchlein
die heilige Dorothea an die Stelle der antiken Pferdegöttin Epona
zetreten (Fundstätten und Funde in Baden Bd. 2 Fig. 92).
Die große Hauptkirche von Dumningen ist, wie schon erwähnt,
dem hl. Martin geweiht, dem Franken, dem Ritter: „Als Ritter
vertrat St. Martin den alten Kriegsgott“ (J. B. Wolf, Beiträge zur
deutschen Mythologie).
Der ursprüngliche Kriegsgott der Alemannen war ZFiu, aber er
wurde später durch Wodan verdrängt. Das Flachbild an der
Dunninger Kirche stellt keinen andern dar als Wodan
auf dem Himmelsthron, umgeben von seinen Wölfen.
„Die Speise, die auf seiner Tafel steht, gibt er seinen beiden Wölfen
Heri und Freki. Er selbst aber bedarf keiner Nahrung“ (Gylfis Ver—
blendung, Snorra Edda).
Die Schweine spielen, wie schon gesagt, in der Legende die wich—
tige Rolle, daß sie die Götterbilder entdecken, die man christlich um—
deutete, die man dann aber doch lieber in ihrer Erdeverborgenheit
beließ; wahrscheinlich um deswillen, weil diese christliche Umdeutung
dem Augenschein gegenüber allzu gewaltsam war. Nur das kleine
Wodansbild ist über der Erde belassen worden: vielleicht aus
Dersehen.
Die Oberamtsbeschreibung älterer Fassung schreibt von un—
serem Steinbild: „An der Westseite des breiten Kirchenschiffs 140)
ist ein uraltes rätselhaftes Bildwerk eingemauert; ein großer giebel—
förmiger Stein, wahrscheinlich der Deckstein einer Pforte, mit fol—
gender Darstellung: auf einem Thronsessel sitzt eine weibliche Figur
(7), zu der zwei Windhunde hinaufspringen. . . Das Bildwerk gilt
für eine Diana, ist aber eher romanisch als römisch.“ Die Oberamts⸗-
beschreibung erkennt also richtig, daß das Bildwerk nicht römisch ist;
sie ist aber in ihrer Ausdeutung des Bildes noch etwas von der
älteren Auffassung beeinflußt.
Daß die Verehrung Wodans hier heimisch war, wird bestätigt
durch volkskundliche Tatsachen. In nahegelegenen Orten, in
Winzeln, Waldmössingen ist die Vorstellung von der wilden Jagd
der Geister durch die Cüfte, wenn es stürmt, und sogar unmittelbar
der Ausdruck Wodans Heer noch lebendig; sogar in der ursprüng—
lichen Vorstellung, die in der Gegenüberstellung der beiden Säulen—
köpfe auf dem Michelsberg im Zabergäu zum Ausdruck kommt, daß
die Seelen der Bösen mit der wilden Jaad durch die Lüfte fahren
müssen. 1414)
140) Ganz neuerdings, 1921, ist der Stein an eine andere Stelle gesetzt worden;
über den Eingang des Treppenhauses.
14h Mündliche Mitteilung von Einwohnern, 1921. In Dunningen selbst,
das ein stattlicher, halbstädtischer Ort ist, sei allerdings davon nichts mehr zu spüren.