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Heidenkirchlein
Selbst an und in den Kirchen, nicht nur in ihren Mauern, erhielten
sich heidnische Götterbilder bis in unsere Tage. Lehne erwähnt eine
dem Herkules geweihte Ara, die sich ehemals in der Aureuskapelle
in Mainz befand . . . In einer Kapelle des Straßburger Münsters
befand sich bis 1825 ein Herkules ... Die unterirdischen Räume, die
noch jetzt die ursprüngliche Krypta der Kirche San Clemente bilden,
waren für den Mithrasdienst zugerichtet. .. . Daß das in der Tat
absichtlich geschah, geht auch daraus hervor, daß eine ganz bedeu—
tende Anzahl der durch Haug veröffentlichten Vierdötteraltäre in
irchen ausgegraben wurde.“
Hinter dem Altar der Galluskirche zu Brenz ist, wie schon zu
erwähnen war, ein dem Apollo Grannus geweihter Altar einge—
nauert; aber verkehrt, so daß die Schrift auf dem Kopfe steht.
Die Cegende der Antoniuskapelle in Dunningen erzählt, wie
schon erwähnt, daß die dort gefundenen Götterbilder von Schweinen
aufgewühlt worden seien. Die Schweine haben wahrscheinlich eben—
falls eine ältere, vorchristliche Beziehung zu dem Hügel über der
Kottweiler Straße.
Das Schwein ist als vorchristliches Opfertier der Germanen
bezeugt. Im Volksrecht der salischen Franken wird eine besonders
hohe Bußsumme auf die Tötung eines Opferschweins gesetzt.142)
Von dem Schweineopfer wird weiter unten noch einmal zu reden sein.
Etwas weiter unterhalb im Neckartal, aber auf der rechten
Seite, nach der Alb zu, im Hohenzollerischen, führt ein einsames
und landschaftlich sehr schönes Seitental nach dem hochgelegenen
Ort Bietenhausen. Auf der obersten Höhe des Hügels steht die
Kirche. Alle diese „Heidenkirchlein“, von denen in diesem und in dem
folgenden Abschnitt die Rede ist, stehen auf Anhöhen, zum Teil sogar
recht abgelegen von den Wohnstätten; besonders auffällig die oben
Abschnitt IIJ und III) erwähnte Wurmlinger Kapelle bei Tübingen.
An dieser Kirche in Bietenhausen ist ein schon oben erwähntes Flach—
bild eingemauert (Abbildung siehe 5. 227), das sehr viel älter ist als
der Kirchenbau. Man wird es zunächst als eine Bogenfüllung an—
sprechen, die über einer Tür saß. Es ist ein Halbkreis von etwa
m Durchmesser. Darauf sind, wie ebenfalls schon erwähnt, dar—
gestellt zwei große Tiere, die nach der spitzen Schnauze und den hohen
Beinen wohl Wäölfe darstellen sollen, wenn auch die Schwänze
nicht gerade sehr wölfisch aussehen. Daß diese Auffassung die nächst—
liegende ist, wird durch eine Ortssage bestätigt, die sich offenbar erst
142 Grimm, Deutsche Mythologie, S. 45. — Man bringt das Schwein mit
Fro in Verbindung, den Eber des Fro. Aber Fro ist eben für VDeutschland nirgends
bezeugt. Grimm hat ihn lediglich aus der nordischen Form sprachgeschichtlich erschlossen.