Heidenkirchlein
285
Noch bis vor etwa drei Jahren, noch nach der vollendeten Wieder—
herstellung, habe in der Mitte des Hauptraums ein merkwürdiger
Aufbau gestanden, über Manns hoch, wie ein Altar, achteckig; in
einer Seitenwand dieses Aufbaus eine halbmeterbreite Offnung.
Der ganze Aufbau habe auf einer breiteren Platte gestanden, unter
der viele Asche gefunden worden sei. Der Altar sei der Heiden—
altar genannt worden. — Eine durchbrochene Altarmensa würde
auf sehr frühe Zeit deuten; ebenso wohl auch die Stellung in der
Mitte des Kapellenraums. — Um mehr Sitzraum in der Kirche
zu gewinnen, sei dieser Aufbau vor einigen Jahren beseitigt worden.
Ich kann die Angaben des Altsitzers in Grünsfeld derzeit nicht
aachprüfen; ich kann nur versichern, daß ich sie nicht hervorgelockt
haben kann, auch nicht unbewußt: von der Riesensage wußte ich
damals noch gar nichts.
Wenn die Grünsfeldhausener Kapelle wirklich im Zusammen⸗
hang steht mit der Oberwittichhausener, und wirklich schon vorchrist⸗
liche Verehrungsstätte war, wird sie mit dem Wasser zu tun gehabt
haben. Aber ich wage keinerlei bestimmte Behauptung.
Anders und sehr viel ergiebiger für die hier gesuchten Zu—
sammenhänge liegt es bei der jetzt zu besprechenden Heidenkirche;
bei der KRunigundenkapelle auf einer Anhöhe bei Burgerroth,
zwischen Röttingen in Unterfranken und Aub.
Die Kapelle liegt ganz einsam, eine halbe Stunde weit vom
nächsten, übrigens ganz kleinen Ort. Sie ist ummauert; in der
Ummauerung steht eine uralte Linde, die auf frühere Bedeutung
des Orts als Versammlungsort und Gerichtsstätte hinweist. Die
Uapelle liegt innerhalb einer vorgeschichtlichen Abschnittsbefesti⸗
Zzung, wie aus Scherbenfunden hervorgeht (Mitteilung des Pro⸗
vinzialkonservators Professor Hock in Würzburg, Kunstdenkmäler
des Königreichs Bayern, Band Ochsenfurt). „Überall da, wo
solche Funde in weiterer Umgebung allein an späteren altchrist⸗
lichen Kultstätten, zumal wenn diese noch in der Einsamkeit und an
prominenten Stellen liegen, auftauchen, stehen wir mit größter
Wahrscheinlichkeit auf ältestheiligem Boden“ (Rudolf Sillib,
Der heilige Berg bei Heidelberg). Aber das erhaltene Denkmal
jelbst spricht hier noch eine deutlichere Sprache. An dem Bau ist
in Resten eine Außenkanzel erhalten. 146) „Die Rirche soll im Mittel—
0) Auch an der schönen Berrgottskirche des unweiten Creglingen findet sich
eine Außenkanzel auf einem hohen turmartigen Unterbau. Die Herrgottskirche ist
in gotischer Zeit völlig neu gebaut. Aber sie liegt außerhalb des Orts und ist wohl
sicher älierer Gründung. Außenkanzeln deuten auf Gottesdienst im Freien. Wo
ein solcher in eingebürgerter Überlieferung besteht, liegt vielfach eine vorchristliche
Erinnerung vor; wie 3. B. auf dem Christenberg bei Marburg in Bessen. der auch
eine Außenkanzel hat.