Das Männliche
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Essing (Regensburg). Ich vermute in diesen Wülsten einen priester—
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Eine Stunde entfernt von der Stadt Weißenburg am Sand, die
noch so wundervolle Bilder deutscher Baukunst bietet, so vor allem
den märchenhaften Blick von etwas außerhalb der Stadtmauer auf
das Ellinger Tor und die dahinter sich auftürmenden Kirchen, liegt
das Dörfchen Emmetzheim, früher auch Emenzheim geschrieben.
Der Götzenhain bei Emmetzheim“ spielt, wie schon erwähnt, im
älteren germanistischen Schrifttum, so bei Panzer, Wolf, Simrock eine
gewisse Rolle. Es hat aber, getreu der älteren UÜberlieferung, daß
man alles aus den Büchern schöpfen könne, niemand für nötig ge⸗—
halten, sich den vorhandenen Bestand einmal mit eigenen Augen
anzusehen. Über den Verbleib der nach jenen Berichten doch wichtig
erscheinenden Denkmäler war aus den gedruckten Hilfsmitteln nichts
zu erfahren. Am Ort selbst findet sich eine kleine Denksäule aus dem
neunzehnten Jahrhundert, die an die angebliche Zerstörung des
Götzentempels durch Karl den Großen erinnert. Die Götzenbilder
sollten im 18. Jahrhundert noch in einem Wirtsgarten vorhanden
gewesen sein. Ein Herzog von Württemberg habe sich um ihre Er—
haltung bemüht. Der evangelische Pfarrer des Orts bestätigte, daß
am Ort noch eine lebendige Überlieferung von einem vorchristlichen
Tempel daselbst berichte und erzählte ferner folgendes: Ende des
8. Jahrhunderts habe ein Ortspfarrer, Erkert mit Namen, die
Steinbilder zerschlagen lassen, weil abergläubige Frauen damit
Götzendienst getrieben hätten; unfruchtbare Frauen hätten dort um
Kindersegen gebetet, in dem sie das Weibliche an ihrem Körper in
Berührung brachten mit dem an dem Steinbild befindlichen männ—
lichen Teil. Die Reste der Steinbilder seien dann nach Weißenburg
gebracht worden.40)
o) Mußten sie denn unbedingt gleich zerschlagen werdend Hätte es nicht genügt,
sie wegzuschaffen? Ein Weib, das um Fruchtbarkeit betet, sollte, auch wenn sie dieses
Hebet in absonderliche Formen kleidet, für jeden tiefer Denkenden etwas Rührendes
sein. Dieses Gebet ist im tiefsten und wahrsten Sinne fromm; denn es bittet um
Oflichten. — Der Mann sieht am Geschlechtsleben immer zuerst das Rohe und Niedrige,
weil ihm — freilich begreiflicherweise, da die Natur nun einmal die Lasten der Fort⸗
oflanzung so ungleich verteilt hat — der sinnliche Genuß dabei das Wesentliche scheint.
Aber „Genießen macht gemein“, heißt es in der deutschen Bibel; freilich ohne daß
der Prophet diesem Grundsatz selber so ausnahmslos nachgelebt hätte. Dem Weib
dagegen bringt das Geschlechtsleben vor allem Schmerzen uͤnd Pflichten, darum hat
es die edlere Auffassung davon. — In Königshofen bei Straßburg wurde vor einigen
Jahrzehnten ein Mithrasheiligtum ausgegraben. Das große steinerne Flachbild mit
der Darstellung des stieropfernden Goites war von den qristlichen Priestern ganz
planmäßig in kleine Stücke zerschlagen. Der Haß gegen jede Ehrfurchtsform, die
eine andere Fassung hat als die amllich vertretene, schheint nun einmal zum Priester⸗
beruf zu gehören