Der Hain des Schwertgottes
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das ganze staatliche und kirchliche Wesen, das ihnen von den frän—
kischen Nordlichtern“ aufgezwungen wurde; sie werden das alles
so wenig geliebt haben, wie den großspurigen fränkischen Bezirks—
offizier, der seine auffällige und vom allgemeinen Brauch ab—
weichende vergoldete Pickelhaube so stolz einher trug und sogar ins
Grab mitnahm; vgl. den Helm von Gammertingen in der fürstlichen
Sammlung zu Sigmaringen. 15)
Am östlichen Ausläufer der Spitzberggruppe am Neckar, deren
westliches Ende durch die Wurmlinger Kapelle bezeichnet ist, liegt
Tübingen. Die Tübinger Stiftskirche ist den Heiligen Georg und
Martin geweiht. Martin ist ebenfalls, wie Remigius, ein fränkischer
Bischof gewesen. Mit der Zusammenstellung aber gerade dieser
beiden Heiligen, Georg und Martin, hat es eine besondere Bewandt—
nis. Auch hier merkt man jene kluge Anweisung Gregors des Großen.
Der hl. Martin mit seinem Mantel und Roß, der Ritter und Krieger,
der nach der Legende den ihm gemachten Vorwurf der Zagheit nicht
auf sich sitzen lassen kann, paßte sich dem Empfinden der Germanen
besser an als andere Heilige. „Die heimatlichen Götter der Ger—
manen wandelten sich fast alle in kriegerische Heilige um“ (sagt Jo—
hann Nep. Sepp, Die Religion der alten Deutschen und ihr Fort—
bestand 5. 344). Es war freilich falsch, fast in jedem Heiligen einen
alten Heidengott zu sehen, wie man zeitweilig versuchte. Viele Hei—
lige, wie die heilige Cäcilia, der heilige Severinus, der heilige Ulrich,
der heilige Wolfgang sind ja durchaus geschichtliche Gestalten. Es
ist auch schon etwas zu stark ausgedrückt, wenn der übrigens gut
katholische Sepp sagt, die germanischen Götter wandelten sich in
kriegerische Heilige um; als ob die germanische Göttersage den
hauptteil hergegeben habe. Aber: viele alteingesessene Vorstellungen
wurden übertragen auf die neuen Namensträger. Und die Kirche
war klug genug, das zu befördern und stellte deshalb auch kriegerische
heilige zur Verfügung, um die kriegerischen Götter zu verdrängen.
Das wurde hier erleichtert dadurch, daß nur Martin eine geschicht⸗
liche Gestalt war, dagegen Michael und Georg rein sagenhaft: auch
is) Vgl. Gröbbels, Der Reihengräberfund von Gammertingen. Die prachtvolle,
durch die Freigebigkeit des Fürsten von Hohenzollern ermöglichte Veröffentlichung
weist neun Helme dieser Form nach; von sehr verschiedenen Fundorten: Frankreich,
Mberitalien, Dalmatien; zweie, mit dem Baldenheimer Helm, wenn man diesen noch
bor die fränkische Eroberung Straßburgs setzen will, sogar dreie aus alemannischem
Stammesgebiet. Gröbbels weist an einer langobardischen Metallarbeit nach, daß die
Spitze einen abnehmbaren Helmbusch trug. — Ludwig Lindenschmit hat den ersten
zekannten Helm dieser Form sofort richtig in diese frühe Zeit gesetzt; entgegen der
Meinung der damaligen Fachgenossen, die ihn erheblich später setzte. Es ist die
Helmform der großen deusschen Heldengedichte aus der Wanderunaszeit; der Helm
der Nibelungen und des Dieterich von Bern.