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Sage und Sitte
Thiodute, Rolandsäule vermutete, einen wichtigen Fingerzeig geben
können.
Man hat die vielfach an älteren Bildwerken sich findenden
Ungetüme mit einer Kugel vor dem Rachen als die Ungeheuer
gedeutet, die die Himmelslichter verfolgen; die man zu verscheuchen
ucht durch lautes Geschrei: Vince luna ; siege, Mond (vgl. oben
Abschnitt 3). „In altdeutschen Kalendern werden Sonnenfinster⸗
nisse durch einen Drachen angedeutet, in dessen Rachen sich die
Sonne befindet“ (E. Mogk, Sonnendämonen, in Hoops Reallexikon).
Die „abergläubigen“ vorstellungen unserer Vorfahren über
die reinigende Kraft des Wassers, über den Nutzen von Feuer
ind Rauch gegen ansteckende Krankheiten, haben sich einfach als
zutreffend erwiesen. Ein rheinischer Arzt hat unter der Überschrift:
Alte Erfahrungen in neuem CLichte, eine ganze Reihe solcher Tat—
achen zusammengestellt. Die für unseren Verstand völlig unbe—
greifliche Sinnesfeinheit der Tiere, zum Beispiel der Ortssinn
der Pferde, läßt es gar nicht als so sehr „abergläubig“ sondern
als recht begreiflich erscheinen, daß man vor diesem offenbar
wirksamen, aber für den menschlichen Verstand so geheimnisvollen
Seelenleben des Tieres Ehrfurcht hatte; daß man glaubte, die
Rosse könnten auch besser den Willen der überirdischen Wesen er—
kennen als die Menschen; daß man die Kosse für heilig hielt und
aus ihrem Verhalten den Willen der Götter erkennen zu können
hoffte.