Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

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Der Hain des Schwertgottes 
Georg, der Kappadozier, war nach dem eigenen Zeugnis des Papstes 
Gelasius völlig ungeschichtlich. 
„Finden wir Martins-Kirchen in der ganzen Welt, so sind sie 
doch nirgends so auffallend häufig, wie gerade in Deutschland und 
Belgien.“ (J. W. Wolf, Beiträge zur deutschen Mythologie Bd.J 
5. 39). Belgien ist ja im wesentlichen niederdeutsch und zwar nieder— 
fränkisch von Volkstum. „Als Ritter vertrat St. Martin den alten 
Kriegsgott“ (Karl Simrock, Deutsche Mythologie 5. 229). „Schon 
in seiner äußeren Erscheinung sah St. Martin Wuotan auffallend 
ähnlich. Mantel, Roß und Schwert hatte er mit ihm gemein. Auch 
St. Michael und Georg, die Drachentöter, soferne sie reitend und mit 
geschwungenem Schwerte dargestellt werden, glichen Odin.“ 
„Der hl. Georg aber ist der ritterliche LCindwurmtöter, der Be— 
freier der bedrängten Sonnenjungfrau, der Kampfesheld. Er stand 
durch alle diese besonderen Eigenschaften und Überlieferungen den 
alten kriegerischen Göttern, dem Weltvater Wotan, dem starken 
Donar, dem alemannischen Schwertgott Ziu näher als andere christ— 
liche Heilige.“ Und auch sein Zubehör, der Drache, auf deutsch der 
Wurm oder Lindwurm, aus dessen Klauen der hl. Georg die Jung⸗ 
frau befreite, ist in jener Neckargegend von altersher heimisch.16) 
„So zeigt man zu Wurmlingen am Fuße der ‚Wandelburg'‘ un— 
weit Tübingens die Lindwurmhöhle und in den benachbarten Orten 
Schwertsloch und Kalkstein Georgskapellen und Darstellungen des 
Drachens. Die Herren von Wurmlingen führten den Drachen im 
Wappen“ (Ernst Krause, Die Trojaburgen Nordeuropas S. 208). 
An der letztangeführten Stelle wird die Schwertslocher Kapelle, 
die jetzt nur noch wirtschaftlichen Zwecken dient, als Georgskapelle 
bezeichnet; anderweit (vgl. z. B. Paulus a. a. O.) wird freilich be— 
cichtet, sie sei dem hl. Nikolaus geweiht gewesen. 
Alexander von Peez, Haine und Heiligtümer, Wien 1899 5. 1046, 
oermutet gerade auch beim hl. Nikolaus Zusammenhänge mit ger— 
manischen Göttergestalten. Darauf deutet jedenfalls das Zusammen— 
wachsen des hl. Nikolaus mit dem Knecht Rupprecht. Diese sagen— 
is) Franz Paul Zauner, Münchens Umgebung in KRunst und Geschichte, 
5. 48: „Die Missionäre der römischen Christianisierungsperiode stellten z. B. St. Georg 
und St. Johann Baptist dem Mithras, wiederum St. Georg und St. Michael dem 
Herkules, desgleichen spezifisch St. Michael einer heidnischen Seegottheit gleich. In 
der bayuvarischen Missionszeit dagegen verdrängte St. Martin, St. Georg, St. Stephan 
den Wodan, St. Peter den Donar, St. Michael ebenfalls den Wodan und Donar.“ 
In der mittelmeerländischen Welt läßt sich, weil die schriftlichen Quellen so viel 
reichlicher fließen, diese Nachfolge von Heiligen in die Stelle und in die Wirksamkeit 
früherer Heidengötter freilich meist sehr viel eingehender im einzelnen nachweisen; 
so unter andern bei den heiligen Rosmas und Damianus, die an die Stelle antiker 
Heilgötter, besonders des Asklepios, getreten sind, vielfach auch örtlich an der Stelle 
des alten Heiligtums: val. Ernst Lucius, Die Anfänge des Beiligenkults. S. 256.
	        
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