Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

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Die heraldische Lilie 
bestimmter Orte und bestehender Gebräuche zunutze machte; wie 
Konstantin sich die bestehende Verehrung des Sonnengottes und 
seines Zeichens zunutze machte; wie heute die Weihung von wächser— 
nen Gliedern oder die Verehrung eines unamtlichen Heiligen, wie 
Karls des Großen, wenigstens geduldet wird, so lange die kirch— 
iche Behörde es für zweckmäßig hält. 
In dem Bogenfeld der Kirche in Weinsberg, aus der aus— 
gehenden Staufenzeit, in der, wie es scheint, ein gewisses Neu— 
aufleben der alteinheimischen Glaubensvorstellungen stattgefunden 
hat, ist das Zeichen der Kerze feierlich mit dem des Kreuzes zu⸗ 
ammengestellt; als ein Zeichen, das ebenfalls eine übersinnliche 
geheimnisvolle Bedeutung hat. Die Zusammenstellung mit dem 
Ureuzeszeichen kann dabei bedeuten, daß man das heidnische Zeichen 
dadurch bannen will; also daß man dieses als feindlich fürchtet. 
Es kann aber auch bedeuten, daß man dem Zeichen der Kerze da— 
durch noch Ehrfurcht beweisen will; ohne daß man einen Wider— 
pruch zur Verehrung des Kreuzes dabei empfindet. 
In den Bogenfeldern des rundbogigen Dachfrieses zu Weins— 
berg findet sich die Kerze und das gerundete Hakenkreuz. Daraus 
väre eher zu schließen, daß man das Zeichen der Kerze damals 
als feindlich empfand; denn die Bogenfüllungen geben soweit ich 
ehe — Gmünd, Berchtesgaden, Brenz, Schwertsloch, Faurndau — 
oorwiegend unheimliche, feindlich gemeinte Sinnbilder; z. B. dä— 
monische Fabelwesen mit Tierleib und Menschenkopf. 
Die feierlichen Gestalten der Muttergottes und der beiden 
Fürsten, wahrscheinlich Karlmann und Pipin als Schützer Fuldas, 
auf den frühen Steinbildern der Kirche auf dem Petersberge bei 
Fulda tragen die Kerze; die Fürsten am Szepter und damit als 
Uennzeichen ihrer Herrscherwürde; Maria vielleicht als Himmels⸗ 
königin. Die Cilie gilt auch als Zeichen der jungfräulichen Reinheit. 
Der Engel der Verkündigung trägt sie vielfach in der Hand. Aber 
das kommt erst viel später. 
Jedenfalls ist das Zeichen der dreiflammigen Kerze oder Lilie 
an den Steinbildern in Fulda als heiliges Zeichen gemeint und noch 
ohne Widerspruch gegen seine zweifellos vorhandene und später auch 
oermerkte vorchristliche Vergangenheit. 
Eine anscheinend langobardische Platte aus dem Lateran (Ab⸗ 
bildung bei Hanftmann acha. 0. 8. 1853) zeigt die Kerze oder Lilie 
in ihrer ganz feststehenden Form. Es ist nicht etwa ein linienhaft 
oereinfachtes Bäumchen; dieses hat meist Zweiteilung in der Krone 
oder wenigstens am Stamm eine Andeutung von mehreren Blättern. 
Auf einem bei Bergner, Handbuch der kirchl. Altertümer, 5. 547
	        
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