Die heraldische Lilie
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Zauberbedeutung; es erhebt sich dieselbe Frage wie in Schwertsloch;
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hehlte Rune) Die nahegelegene Krayenburg (I84 zuerst erwähnt)
zeigt eine vorgeschichtliche Wallanlage.
Bartel Hanftmann (Hessische Holzbauten, Elwert, Marburg),
der die richtige Deutung der Hirsauer Gestalten zuerst ausgesprochen
hat, sieht in der dreiflammigen Kerze oder Lilie ein Sinnbild des
Feuers und damit, wegen des zweifellos bestehenden Zusammen—
hangs zwischen Sonnenverehrung und Feuerverehrung, auch des
Sonnendienstes. Hanftmann findet in der Holzkunst, an Hausbalken,
häufige Darstellung des Ceuchters und sieht darin eine Beziehung auf
Kerzenopfer und Feuerverehrung. „Holzleuchter waren den Aleman—
nenleichen zugelegt, die Wolfgang Menzel zu Oberflacht im württem—
bergischen Oberamt Tuttlingen aufgefunden hat“ (E. L. Rochholz,
Deutscher Glaube und Brauch im Spiegel der heidnischen Vorzeit 5. 106).
Es ist zunächst nur eine Vermutung, daß die dreiflammige Kerze
das heilige Feuer bedeute. Sie hat vieles für sich. Aber ich lasse ihre
Richtigkeit dahingestellt und beschränke mich auf folgende im Zu—
sammenhang unserer Erörterungen sich ergebende Hinweise. Daß die
bei den Germanen alteinheimische Verehrung der Sonne nicht sofort
mit der amtlichen Einführung des Christentums verschwunden war,
sondern noch lange Jahrhunderte von der neuen Kirche bekämpft
werden mußte, wäre schon nach den allgemeinen Entwicklungsgesetzen
des religiösen Lebens der Völker als sicher vorauszusetzen; es ist aber
(vgl. oben Abschnitt 20) durch steinerne Urkunden einwandfrei zu er—
weisen. Daß die Verehrung des Feuers enge zusammenhängt mit der
Sonne, ist ebenfalls eine allgemeine und auch in der Religions—
geschichte anderer Völker zu beobachtende Tatsache.
„Feuer ist das Beste dem Erdgebornen
Und der Sonne Schein“,
lautet ein Weisheitsspruch Odins (Edda).
„Unzweifelhaft ist das Feuer ursprünglich ein Sonnenzauber, der
Sonnenschein hervorzurufen bezweckte“ (Martin Nilsson, Primitive
Religion 5. 32). Außere Gebräuche, bestimmte feststehende Handlungen
haben nun meist noch eine stärkere Lebenskraft als die zugrunde liegenden
gedanklichen Vorstellungen. „Es unterliegt wohl kaum einem Zweifel“,
schreibt Richard Andree, Votive und Weihegaben des katholischen Volks
in Süddeutschland, 8. 77, „daß der Gebrauch der Wachskerzen in der
christlichen Kirche aus dem heidnischen Rom übernommen ist, wofür
allein schon beweiskräftig ist, daß anfangs die christliche Kirche gegen
diese Sitte eiferte. CLactantius, der Lehrer Konstantins, rief aus:
„Sie zünden Gott LCichter an, als ob er im Dunkeln säße.“ Und das