Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

Die heraldische Lilie 
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kum zu nennen“ (E. C. Rochholz, Deutscher Glaube und Brauch im 
Spiegel der heidnischen Vorzeit, 5. 191). 
Nach einer Nachricht bei von Chlingensperg⸗Berg, Das Gräber— 
feld bei Reichenhall, soll der Brauch, dem Toten eine Münze im 
Munde mitzugeben, in der dortigen Gegend noch bis in die letzten 
Jahrhunderte bestanden haben. 
Die Totengebete haben aus dem oben angegebenen Grund die 
Wahrscheinlichkeit höchster Altertümlichkeit für sich. Tatsächlich be⸗ 
gegnen uns hier auch so merkwürdige und aus der christlichen Cehre 
richt abzuleitende Dinge, wie die Sterbekerze und die Formel „das 
ewige Licht leuchte ihm“. 
Als der heilige Meinrad erschlagen wird, ruft er sterbend seinen 
Mördern zu: „Meine Söhne, zündet mir ein Licht an, daß meine 
Seele nicht ohne Cicht aus der Welt sterbe“ (Albert Werfer, Deut— 
sches CLegendenbuch 5. 100). 
„In einer heutigen Sitte, die in ganz Deutschland, Nord wie Süd, 
ohne Unterschied des Bekenntnisses, verbreitet ist, scheint das eigen— 
tümliche Jahresopfer auf dem Grabe noch anzuklingen: in der Sitte, 
auf den Gräbern Angehöriger alljährlich zu Weihnachten oder zu 
Allerseelen Kerzen abzubrennen. Ein regelmäßig wiederkehrendes 
Opfer an einen Verstorbenen auf dessen Grabstätte erinnert an heid⸗ 
nische Totengabe und mutet nach Ahnenkult und Vertreibung böser 
GHeister an“ (H. Frhr. von Minnigerode, Das Wachszinsrecht, in der 
HBierteljahrsschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Band 13 
Heft 12). 
Der Feuerquirl, der durch Reibung neues Feuer erzeugt, wird 
noch in späten Jahrhunderten — ein norddeutscher Fall ist für 1842 
bezeugt, ein hessischer für 1820 — zur Erzeugung des heiligen ,Mot⸗ 
feuers“ verwendet. In den eine Drehbewegung vorstellenden Haken— 
kreuzformen soll, nach vielfach vertretener Meinung, die Erinnerung 
an diesen das heilige Notfeuer erzeugenden Feuerquirl weiterleben. 
Db das richtig ist, bleibe dahingestellt.168) „Jene gotteslästerlichen 
Feuer, die man nyd —-yr nennt“ (illos sacrilegos ignes, quod 
Iyd-fyr vocant) verbietet schon der 5. Kanon des Nationalkonzils 
pon 742.16094) 
Die gottesdienstliche Verwendung der Wachskerze im Besonderen 
hat freilich wohl noch eine weitere vorchristliche Unterlage; in der 
is) Sollte die Vorstellung des höllischen Feuers eine gleichlaufende Erscheinung 
der Sagenbildung bedeuten wie, daß Wodan einesteils zum hl. Michael oder Oswald 
erhoben, andernteils zum Unbold und Führer der wilden Jagd herabgesetzt wird? 
ieb ) Pgl. Vierling, Unvertilabarer Volksglaube und Aberalaube, Oberbaver. 
Urchiv. Bd. 52.
	        
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