Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

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Die heraldische Lilie 
hre Vertreter kämpfen und Opfer bringen müssen für ihre Überzeugungen. Aka⸗ 
demien, Kunstakademien und sonstige geistige Akademien, werden leicht zu Hinder— 
nissen für das neue und schöpferische Geistesleben. Daß man das Recht, das ist die 
Anrechtsabwehr, die ursprünglich eine unmittelbare, triebhafte Lebensäußerung der 
zusammenlebenden Gemeinschaft ist, in bestimmte lehrsatzmäßige und dann rein 
„vernünftelnd“ zu verwendende Formeln faßt, soll natürlich ursprünglich die Unrechts⸗ 
ibwehr verbessern. Auf einer gewissen Entwicklungsstufe der Gesittung und der 
apierenen Rechtskultur wird aber später das formelhafte Recht, vermöge seiner Spitz⸗ 
indigkeiten und begrifflich⸗dogmatischen Art, die das Rechtsgewissen und das eigene 
Herantwortungsgefühl ganz ausschaltet, zu einer sehr gut verwendbaren Waffe des 
Anrechts und der Bedrückung. — Auf einer gewissen Kulturstufe gibt man dem 
Kichter eine möglichst gesicherte und gesellschaftlich angesehene Stellung. Das ist 
iatürlich gut gemeint und die längste Zeit auch zweckmäßig. Aber wenn dieser 
zustand in ruhigen Zeiten länger bestanden hat, wird daraus ganz allmählich die 
zänzlich irrige Vorstellung, als ob Richtersein vor allem und in erster Linie eine 
angenehme Lebensstellung sei. Richtertätigkeit ist vielmehr ursprünglich immer und 
auch immer wieder, sowie die Rechtsordnung wirklich gefährdet ist, eine furchtbar 
verantwortliche Stellung, die nur der ausfüllen kann, der Opfer zu bringen bereit ist; 
der die natürliche Folge der Unrechtsabwehr, die Verfolgung seitens der Ungerechten, 
nicht fürchtet. Deutsche Gerichte haben jetzt den Satz ausgesprochen, der eine völlige 
ZAerneinung des Rechtsgedankens enthält; die rechtliche Gehorsamspflicht für einen 
Zefehl bestehe, wenn die erlassende Stelle im tatsächlichen Besitze der Macht sei. 
Deutsche Richter haben die Männer wegen Hochverrats verfolgt, die eine durch die 
zoch⸗ und landesverräterische Meuterei vom 9. November eingesetzte Regierung, be⸗ 
ziehentlich deren Nachfolger und Mitgenießer, beseitigen wollten. Kein Reichsanwalt 
nat sich aber gefunden, der die Hoch⸗ und Landesverräter vom 9. November verfolgt 
hat; oder Hello v. Gerlach aus Berlin, der jetzt noch, 1921, im Rheinland unter 
dem Schutz französischer Bajonette „die nützliche Legende“ (Graf Herm. Kapserlingk) 
»on der deutschen Kriegsschuld verbreitet und deutsche Zuhörer, die Zweifel zu 
iußern wagen, durch die Franzosen verhaften läßt. „Hochverrat ist ein Verbrechen, 
das nur im Falle des Versuchs bestraft wird“ höhnen die roten Räuber; man kann 
ihren Hohn begreifen. — „Urältestes bewährt aufs Neu“; wenn die Grundlagen 
der Gesittung, Privateigentum, Familie, Staatsgewalt, in Frage gestellt oder zerstört 
werden, dann muß eben wieder um diese Grundlagen gekämpft werden; der Gott 
des Kampfes, der Schwertgott, ist zugleich der Gott des Gerichts bei den Deutschen 
und das blanke Schwert des steinernen Rolands ist das Sinnbild des Gerichts. — 
Dieser Hinweis auf die weiterliegenden Zusammenhänge und auf den Grundgedanken 
dieses Buchs, daß die Urzustände noch viel näher liegen als man im allgemeinen 
weiß, seien zugleich eine Bitte des Verfassers um Entschuldigung für die kleine 
Abschweifung.
	        
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