Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

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Ausblicke 
sich beide dabei — oder dadurch — erschöpft, so daß sie für die 
notwendigen machtstaatlichen Aufgaben nicht mehr die erforder— 
lichen Kräfte aufbrachten. 
Hellas und Deutschland; Makedonien und Preußen. Ein im 
Nordosten des Volksgebiets wohnender Stamm — in Deutschland 
Preußen, in Hellas Makedonien — der sich in seiner randstaatlichen 
und nördlicheren Cage die einfacheren Tugenden der Kriegstüchtig— 
keit und der Staatsgesinnung bewahrt hatte, führt beide Völker, die 
Griechen und die Deutschen, noch einmal zu einer gewaltigen macht— 
staatlichen Zusammenfassung und kulturellen Ausbreitung. Aber 
das Lebenswerk Alexanders des Großen zerfiel, wie das Cebens⸗ 
werk Bismarcks zerfallen ist. — 
Der Begriff Deutschkunde oder Germanistik im Sinn von 
deutscher Geistesgeschichte ist weiterer Ausbreitung auf Sonder— 
gebiete fähig, als dem bisherigen Sprachgebrauch entspricht. In 
der deutschen Kunstgeschichte, die bei uns lange sehr vernachlässigt 
worden ist, gegenüber der Behandlung der antiken und italienischen 
Kunst; in einer Wissenschaft vom deutschen Christentum wäre die 
Besonderheit des deutschen Kunstempfindens, des deutschen Glau— 
bensbedürfnisses der wesentliche Gegenstand der Betrachtung. 
Was für mich schön ist, das heißt: was mir wunschlose Freude 
schenkt, was mir Freude macht durch die bloße Betrachtung und 
wenn es auch in keiner Weise meiner Lebensbehauptung oder 
Lebensförderung dient; was mir Unbehagen macht durch seinen 
bloßen Eindruck, ohne daß es irgendwie meiner CLebensbehauptung 
entgegentritt, also was mir häßlich ist, — wie geartet die Eindrücke 
sein müssen, um so zu wirken, das bestimmt sich nach der ererbten 
and anerzogenen Art der betreffenden menschlichen Seele. Und 
hier besteht ein tiefgehender Unterschied zwischen nordischem und 
mittelmeerisch⸗südlichem Empfinden. 
Es gibt freilich keine besondere deutsche oder italienische Ma— 
chematik oder Naturwissenschaft; wenigstens nicht in den Ergeb— 
nissen; wenn auch eher schon die Art des Betriebs oder des Ver— 
fahrens durch das unterschiedene Volkstum beeinflußt sein kann. 
Aber die sachlichen Aufstellungen der Naturwissenschaft müssen 
natürlich, soweit sie zutreffen, für alle Völker gleich sein. Bei aller 
kulturgeschichtlichen Betrachtung, also bei aller Rechts- und Staats⸗ 
wissenschaft, bei aller Kunstwissenschaft dagegen liegt es anders. 
Solche ist allemal, ob sich ihr Vertreter dessen bewußt ist oder 
nicht, bestimmt durch ein besonders geartetes Wollen oder Werten; 
durch ein bestimmtes Kulturziel, eine bestimmte Rechtsüberzeugung; 
ein bestimmtes Geschmacksurteil. Georg Dehio hat in seiner agerade
	        
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