Der Untergang der alten Götter
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vielmehr politische Sendlinge der Frankenkönige, um die Agilolfinger
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Aussage seines Lebensbeschreibers Arbeo als CLiebhaber von Frauen
verrufen. . . . Mit Recht oder Unrecht sind seit jener Zeit hauptsäch—
lich Geistliche mitgenommen worden.“
Ein besonders anschauliches Beispiel für die Verwandlung vor—
christlicher Verehrungsstätten in Tummelplätze von unholden Gei—
stern und Hexen ist der Kreuzweg und seine Rolle im späteren Volks—
aberglauben. Er ist in christlicher Zeit verrufen, an ihm haben die
bösen Geister Gewalt. Und gerade der Kreuzweg wird überein—
stimmend von allen erhaltenen Quellen der christlichen Békehrer als
Stätte der heidnischen Gottesverehrung erwähnt und bekämpft; von
Martin von Braccara (gestorben 580), der das Heidentum der
Sueben in Gallaezien vor Augen hat; von Eligius von Noyon (ge⸗
storben 650), der die Opferbräuche seiner Franken bekämpft. Bischof
Burchard von Worms (gestorben 1029) bedroht mit Buße den, der
„an Kreuzwegen eine Kerze oder eine Fackel angezündet habe zur
Verehrung des Orts oder Brot oder eine andere Opfergabe dahin
gebracht oder dort davon gegessen habe“. Das gemeinsame feier—
liche Mahl als aottesdienstliche Handlung ist uralt.
3. Der Untergang der alten Götter (Freising, Regensburg).
Mm hat vermutet, daß die ganze Sage vom Untergang
ver alten Götter im großen Weltbrande, die sogenannte
Götterdämmerung, schon auf christlichem Einfluß beruhe. Das ist
nicht beweisbar und wohl sicher nicht zutreffend. Aber — mit der
vollendeten Anpassungsfähigkeit, die die frühchristliche Kirche aus—
zeichnet, machte diese sich jene ältere Lehre für ihre Zwecke nutzbar.
Dieser Teil der germanischen Sage, der Sturz der alten Götter,
konnte der neuen Kirche willkommen sein. Man hat umfangreiche,
bildhauerische Darstellungen an christlichen Kirchen, deren Deutung
im Sinne der christlich-kirchlichen ÜUberlieferungen sehr große Schwie—
rigkeiten bietet, so aufgefaßt, daß in ihnen die sogenannte Götter—
dämmerung der germanischen Überlieferung dargestellt sei. Be—
sonders die reich verzierte Säule in der Unterkirche des Doms zu
Freising und die Bildhauereien an der Nordseite der Jakobskirche
in Regensburg hat man so gedeutet. Sighart, Geschichte der bilden⸗
den Kunst im Königreich Bayern, sah in der Freisinger Säule, die
der Steinmetz Ciutprecht des 12. Jahrhunderts geschaffen hat, die