Der Untergang der alten Götter
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Ganz neuerdings in einem am 7. Mai 1021 in der Münchener
Akademie der Wissenschaften gehaltenen Vortrage hat Professor Karl
Borinski eine neue Deutung vorgeschlagen. Er sieht an der Freisinger
Säule einen Vorgang aus der Thidreksage dargestellt, wie Dietrich
Abb. 5. Germanischer Schuh aus den Alemannengräbern bei
Oberflacht, aus L. Lindenschmit, Handbuch der deutschen Alter—
tumskunde, Verlag Vieweg & Sohn, Braunschweiad—
von Bern und sein Gefährte einen Ritter,
der im Schlafe von einem Drachen über—
fallen worden und schon halb verschlungen
ist, nach hartem Kampf befreit.
Man vergleiche einmal die Abbil—
dung 4 der Freisinger Säule mit fol—
gender Stelle aus Gylfis Verblendung
Gylfaginning), dem Bericht vom Welt—
antergang in der Snorra Edda (über—
etzung von Hugo Gering). „Der Wolf
oerschlingt den Odin und das ist des
Hottes Cod; dann aber eilt Widar herbei
und tritt mit einem Fuß dem Wolf in den
Unterkiefer. Widar besitzt nämlich den
Schuh, zu dem das Leder alle Zeit zuvor
gesammelt ist und zwar aus den Flicken,
die die Menschen vor den Zehen und an
der Ferse aus ihren Schuhen schneiden —
der germanische Buntschuh wird aus
einem Stück Leder geschnitten — und
darum soll ein jeder, der gewillt ist, den Asen zu Hilfe zu kommen.
diese Flicken fortwerfen (vgl. Abb. 5).
Man vergleiche weiter mit der zweiten Aufnahme (siehe Abbil—
dung 6) die folgende Stelle: „Mit der einen Hand faßt nun Widar