Der Untergang der alten Götter
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stehenden Form (vgl. unten). Auch wo er lebhafter bewegt ist, wie an
der Kirche in Erwitte (vgl. unten), behält er doch deutlich genug seine
Kennzeichen und unterscheidet sich scharf von dem Lindwurmbekämp—
fer etwa des Altenstädter Bogenfeldes, der durch Tracht, Größe und
bedrängte Lage im Rampf sichtlich ab—
weichend gebildet ist.
Auch daß aus dem Rachen des
bekämpften CLindwurms ein anderer
Mensch halb verschlungen noch eben
herausragt, kommt, soweit ich sehe, bei
sicheren Darstellungen des Erzengels
nicht vor; auch nicht bei dem sehr rohen
Steinbild in Reichenhall am Tor der
Zenokirche, wo der Gedanke anklingt.
Es wird unten nachgewiesen wer—
den, daß diese zusammengehörigen Dar—
stellungen von Basel, von der Wart⸗
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5traubing und vor allem von Andlau
einen Vorgang aus der gotischen Helden—
sage schildern. Der Lindwurmbekämpfer
hier, an der Freisinger Säule, gebört
aber nicht zu diesen.
Die oben vorgetragene Auffassung,
daß der Künstler eine Stelle aus
der Sage über den letzten Kampf der
alten Götter schildern wollte, wird be—
stätigt durch eine zweite Darstellung des
gleichen Gegenstandes, die unser Denk—
mälerbestand uns liefert. Der bildge—
schichtliche Zusammenhang, in dem diese
weitere Schilderung des CLindwurm—
kämpfers erscheint, beseitigt meines Er—
achtens jeden Zweifel an der Richtig⸗
keit unserer Deutung der Freisinger
Säule.
Im Kreuzgang der Stiftskirche zu Berchtesgaden ist, wie im fol—
genden Abschnitt nachgewiesen wird, der einarmige Schwertgott mit
dem gefesselten Mondwolf dargestellt, der, als er sich durch die
Zauberfessel gefangen fühlt, dem Gotte den Arm abgebissen hat, den
ihm dieser vorher in den Rachen gelegt hatte, um ihn sicher zu machen.