Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

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Der Untergang der alten Götter 
mit einem Wassergefäß. Dieser stellt das Wasser vor, jene Gestalt 
die Erde. Hier ist die Deutung durch die sonstigen Darstellungen des 
Flachbildes gesichert; so auch Ernst Förster, Denkmale deutscher 
Kunst Bd. 9 5. 30, der noch weitere Beispiele bringt, an einem Ureuz 
in St. Omer und einem anderen Elfenbein-Diptychon; dafür, daß 
Erde und Wasser durch Schlange und Wassergefäß gekennzeichnet 
werden. Von den Münchener Erzbildchen trägt die als Wasser be— 
zeichnete — unda fluit — ebenfalls die Wasserkanne. 
Auf einer Handschrift aus Montecassino, im britischen Museum, 
ist die Erde dargestellt; sie nährt die Schlange am Busen; Abbil— 
dung bei Andre Michel, Historire de l'art, Bdt. I 5. 8300. 
Diese Bildgedanken sind uralt und nicht erst von der christlichen 
Kunst geschaffen; schon auf den großen Steinbildern der Mithrasver— 
ehrer wird Wasser und Erde durch Mischkrug und Schlange gekenn— 
zeichnet (vgl. Albr. Dietrich, Die Religion der Mithras, Rleine Schrif— 
ten s5. 259). 
Die Münchener Erzbildchen der vier Elemente haben alle zahl— 
reiche Armbänder am Unterarm; am nackten Unterarm, also zweifel— 
los sind es Armbänder, die heidnische Weihegabe; siehe Abschn. 20. 
Auch die Säume des Ärmels sind freilich vielfach in ganz ähnlicher 
Weise bildhauerisch hervorgehoben; so an den Kämpfern in Sürich: 
siehe Abschnitt 83 an einem Pultträger im Mainzer Dom. 
Die Ungetüme mit den runden Scheiben vor dem Rachen will 
Endres ebenfalls aus dem Hohenliede deuten; in einer Weise, die 
vielleicht einem der „übersinnlich-sinnlichen“ Erläuterer des Hohen— 
liedes nicht allzu gezwungen erscheinen mag, der sich eingeredet hatte, 
die heißen Liebesgedichte des Hohenliedes seien in einem gänzlich 
anderen Sinne gemeint. Dem KRünstler des Schottentors lag diese 
verstiegene Deutung sicher sehr ferne (Panzer, Beiträge zur deutschen 
Mythologie). Man hat das Untier hinter der runden Scheibe, das 
doch anscheinend im Begriffe ist, diese zu verschlingen, gedeutet als 
den Mondwolf oder Mondwurm (Managarmu), der beim Weltunter— 
gang die Himmelslichter verschlingt. Ich will nicht behaupten, daß 
diese Deutung unbedingt sicher ist. Ich will nur auf folgende, in 
diesem Zusammenhange noch nicht gebrachte Tatsache hinweisen. Im 
Verzeichnis der heidnischen und abergläubischen Gebräuche, die der 
Franke Karl der Große den gerade erst durch Gewalt bekehrten 
Sachsen verbietet,s0) ist noch ausdrücklich der Aberglaube erwähnt, 
daß man nicht glauben solle bei Mondverfinsterungen, das Gestirn 
sei in Gefahr, vom Mondwurm verschlungen zu werden; und man 
30) Nach Hefele ist der Indiculus superstitionem et paganiarum noch etwas 
älter, von 242.
	        
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