Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

St. Jehanns Minne 
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wandfrei als Weihegaben gedeutet, die durch Vergraben oder Ver— 
senken im Moor den Göttern geopfert wurden. Die Kirche zu 
Dietkirchen (gleich Volks⸗, einheimische Kirche) gehört mit denen 
von Arnstein und Limburg zu den drei romanischen Kirchen auf 
hohem Fels, die einen so unvergleichlichen Schatz des Cahntals 
bilden. 
4. St. Jehanns Minne. (Der Kelch in der Dominikaner— 
kirche in Regensburg.) 
Di Bayern sind unter den großen deutschen Stämmen die spä— 
testen im Christentum, wenigstens bis zu seiner völligen Durch— 
führung. Die Sachsen haben sich zwar noch schärfer gegen die von 
den fränkischen Eroberern gebrachte Kirche gewehrt; aber schließlich 
wichen sie doch der Gewalt und nahmen den neuen Glauben wenig— 
ttens der Form nach in Massen an. Die Bayern dagegen begaben sich 
im Anfang des 6. Jahrhunderts freiwillig unter die Oberherrlichkeit 
des Frankenkönigs Theudebert, unter Wahrung ihrer inneren Frei— 
heit.s89) In Bayern vollzog sich daher, wie schon erwähnt, die Ver— 
christlichung nicht so gewaltsam, daher auch langsamer und all— 
mählicher. Diese Form der Überführung vom alten zum neuen Glau— 
ben zwang begreiflicherweise die Vertreter des neuen Glanbens zu 
größeren Zugeständnissen. Dabei mußte sich mehr von der alten 
vorchristlichen Überlieferung erhalten als anderweit, wo ein alter 
Glaube mit Feuer und Schwert ausgerottet wurde und ein neuer 
unvermittelt an die Stelle gesetzt. „Ein Volk wechselt seine Götter 
nicht“, sagt Joh. Nep. Sepp. 
In der Dominikanerkirche in Regensburg wird ein Kelch auf— 
bewahrt, „eine Kokosnußschale auf kupfervergoldetem Ständer, aus 
dem Anfang des XIV. Jahrhunderts, der sich als zu dem am 27. De— 
zember gefeierten Trinken der St. Johannisminne bestimmt durch 
seine Inschrift: ‚Trinckd Sant Ihans min. Daz ju bol geling‘ aus— 
weist“ (vgl. Heinrich Otte, Handbuch der kirchlichen Kunstarchäo— 
logie, 5. Auflage S. 217). 
Der „kalte Johannistag“ liegt dem uralten Fest der Winter— 
sonnenwende nahe. Dabei muß man sich, zu St. Jehanns Minne— 
trunk, erinnern, daß die Kirche das Abendmahl bis zum 13. Jahr⸗ 
hundert in beiderlei Gestalt spendete, in einzelnen Klöstern noch bis 
in die Zeit der Reformation. In anderen süddeutschen Städten wie 
Würzburg, Bamberg, Nürnberg wird geweihter Wein ausgeteilt zu 
30) Vgl. S. A. Quitzmann, die älteste Geschichte der Bayern bis zum Jahre 
311, 5. 145.
	        
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