Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

Der Schwertgott und der Fenriswolf 
67 
schn. 25). „Da sah einer der Asen den anderen an; doch wollte nie— 
mand seine Hand hergeben; bis endlich Tyr (Ziu) seine Rechte vor— 
streckte und sie dem Wolf in den Rachen legte.“ .... Als nun der 
Wolf völlig gefesselt war und die Fessel nicht zerreißen konnte, so 
wild er zerrte, da lachten sie alle; nur Tyr nicht, denn er mußte seine 
hand lassen“ (Gylfis Verblendung, Abschnitt 34). 
Der Spielmann mit der Harfe, der auf der Berchtesgadener 
Säule unter dem Wolfe sitzt, entspricht ebenfalls genau der eddischen 
Erzählung. 
— — — Ostwärts saß die Alte im Eisenwalde 
und gebar allda die Brut des Fenrir 8) ... 
bon allen diesen wird einer einmal 
der Erwürger der Sonne in Wolfsgestalt. 
Auf dem Hügel saß dort, die Harfe schlagend, 
der Büter der Riesin, der heit're Eggther. 
(Uers 40 und 42 der Völuspa.) 
Man hat, wie schon erwähnt, die Füße der harfeschlagenden 
Gestalt als Tierfüße aufgefaßt; sie scheinen allerdings besonders und 
nicht als Menschenfüße gebildet zu sein. Da kann eine besondere 
Sagenform der südgermanischen Überlieferung vom Weltuntergang 
im Spiel sein; wir besitzen eben nur die eddische Sagenform. 
Der Vernichtungsfeldzug, den die Römlinge Ludwigs des From— 
men gegen die alten deutschen Überlieferungen geführt haben, hat 
uns der deutschen Form der Weltuntergangssage, abgesehen von dem 
kleinen Bruchstück, dem sogenannten Muspilli — dazu noch vielleicht 
das Wessobrunner Gebet, obwohl es sicher schon stark christlich be— 
einflußt ist —, beraubt. Besäßen wir eine solche einheimische UÜber— 
lieferung, so könnten wir wahrscheinlich sehr viel zahlreichere bild— 
liche Darstellungen so zweifelfrei aus der germanischen Überlieferung 
deuten, wie die eben erwähnte aus Berchtesgaden. Da die Über— 
lieferungen bei ihrer Wanderung aus der deutschen Heimat nach 
dem Norden sich unzweifelhaft verändert haben, ist es begreiflicher— 
weise nun erschwert, den unmittelbaren Zusammenhang zwischen den 
deutschen Denkmalen und der schriftlichen Überlieferung nachzu— 
weisen. Die bayerischen, alemannischen, sächsischen usw. Bildhauer 
hatten sicherlich eine anders lautende Form der Sagen vor sich als 
die der Edda. Daß die Sagen, die uns nur in der Edda erhalten 
sind, aus dem germanischen Haupt- und Mutterlande, aus Deutsch- 
land, stammen, ist ja nicht mehr zweifelhaft. 
t6) „Fenrirs Kinder, die er mit einer ungenannten Riesin, der „Alten im 
Eisenwalde“, erzeugt, sind die Wölfe Skoll und Hati, von denen der erste die Sonne, 
der zweite den Mond verschlingen wird. Diesen Mythus haben die Verfinsterungen 
der Bimmelskörper hervorgerufen.“ Die Edda, von Bugo Gering, 8. 11.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.